Nachrichten


Auf den Spuren von Otto von Habsburg in der bayerischen Hauptstadt

Mitte September reisten unsere Mitarbeiter zu einem fünftägigen Forschungsaufenthalt nach München. Hauptziel der Recherche in dem Archiv der Hanns-Seidel-Stiftung war die Sichtung und Aufbereitung des dort vorhandenen schriftlichen und audiovisuellen Materials zu unserem Namensgeber.

Auf den Spuren von Otto von Habsburg in der bayerischen Hauptstadt

Mitte September reisten unsere Mitarbeiter zu einem fünftägigen Forschungsaufenthalt nach München. Hauptziel der Recherche in dem Archiv der Hanns-Seidel-Stiftung war die Sichtung und Aufbereitung des dort vorhandenen schriftlichen und audiovisuellen Materials zu unserem Namensgeber.

Otto von Habsburgs Leben und seine berufliche Karriere waren eng mit Bayern verbunden: Er hatte den Freistaat nicht nur als seinen Wohnsitz, sondern auch als seine politische Heimat gewählt. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand er in engem Kontakt mit den führenden Persönlichkeiten der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU) und war seit Mitte der 1970er Jahre Mitarbeiter der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). In dieser letzten Eigenschaft arbeitete er an der Weiterentwicklung des europäischen und globalen Netzwerks der Partei und unterstützte die Arbeit der CSU-Spitze mit außenpolitischen Analysen. Auch seine demokratische politische Karriere entwickelte sich innerhalb der Partei: Er trat bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 1979 an, wurde auf der Liste für das erste direkt gewählte EP auf Platz drei gewählt und spielte vier Wahlperioden lang eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der politischen Zukunft des Kontinents.

Der öffentliche Werdegang Otto von Habsburgs und seine Expertentätigkeit in Bayern lassen sich in den Unterlagen unserer Stiftung gut nachvollziehen, sind aber sowohl dokumentarisch als auch fotografisch oft unvollständig. Das Hauptziel der fünftägigen Forschungsreise unserer Kollegen Szilveszter Dékány und Bence Kocsev nach München besteht darin, diese Lücke durch die Untersuchung der Bestände in dem Archiv der Hanns-Seidel-Stiftung (Archiv für Christlich-Soziale Politik) zu schließen.

Die Recherchen zu den Dokumenten konzentrierten sich vor allem auf Otto von Habsburgs außenpolitische Beratungstätigkeit für die Hanns-Seidel-Stiftung und seine Korrespondenz mit führenden CSU-Politikern wie etwa Franz Josef Strauß, Alfons Goppel, Josef Müller, Hans Klein, Theodor Waigel und Fritz Pirkl. Diese geben nicht nur einen Einblick in die politischen Aktivitäten Otto von Habsburgs nach 1979, sondern auch interessante Informationen über seine Netzwerkarbeit und Beratertätigkeit vor seinem Eintritt in das Europäische Parlament. Besonders aufschlussreich ist der Briefwechsel zwischen unserem Namensgeber und dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß. Diese Korrespondenz liefert wertvolle Informationen über wichtige Ereignisse der deutschen und internationalen politischen Geschichte der 1970er und 1980er Jahre sowie bedeutende Beweise für das Engagement der beiden Politiker für ein vereintes und freies Europa.

Auch die außenpolitischen Berichte Otto von Habsburgs bieten einen faszinierenden Einblick in die Ereignisse der 1970er Jahre und zeigen, dass auf das politische Gespür des Erzherzogs und sein sorgfältig aufgebautes weltweites Netzwerk in der Partei und Stiftung vertraut werden konnte.

Die fotografische Sammlung des Archivs umfasst, wie die Sichtung des Materials gezeigt hat, etwa 2.300-2.500 Fotografien mit Bezug zu Otto von Habsburg, und 350-400 entsprechende Bilder befinden sich in der Dokumentensammlung. Ein Großteil des Materials wurde von Flachfilmen, 35-mm-Negativen und Diapositiven digitalisiert, aber es gibt auch eine große Anzahl von Unterlagen auf Papier in den verschiedenen Sammlungsbereichen. Ein großer Teil der Bilder wurde auf verschiedenen Kongressen, Parteiversammlungen, aber auch bei kleineren politischen Versammlungen aufgenommen. Bei diesen Veranstaltungen verfolgte Otto das Geschehen meist vom Publikum aus und baute sein über Jahrzehnte gewachsenes Kontaktnetz weiter aus. Er wurde mit politischen Akteuren, bayerischen Regierungsvertretern, Persönlichkeiten des deutschen öffentlichen Lebens und Veranstaltungsteilnehmern fotografiert. Einen interessanten Teil der Sammlung bilden die jahrzehntelangen Porträtfotografien Ottos, das Material aus der Veranstaltungsreihe des „Sudetendeutschen Tages“, die Dokumentation seiner Besuche in Ungarn Anfang der 1990er Jahre sowie die Fotografien mit Franz Josef StrauMün, die bei gemeinsamen Reisen, Veranstaltungen und Gesprächen aufgenommen wurden und eine enge Arbeitsbeziehung zwischen den beiden Politikern beweisen.

Die untersuchten Dokumente leisten unter anderem einen wichtigen Beitrag zu einem differenzierteren Verständnis des umfangreichen Kontaktnetzes Otto von Habsburgs, seines politischen Profils und seines Einflusses auf das öffentliche Leben und könnten helfen, seine Rolle bei der Gestaltung des Konservatismus und der christlichen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg genauer zu definieren und seinen Platz in der deutschen, europäischen und globalen Politik besser zu verstehen.

Während des fünftägigen Besuchs wurde deutlich, dass das Material zu Otto von Habsburg in München einen äußerst reichen Korpus darstellt, ohne den das gesamte Oeuvre unseres Namensgebers kaum zu verstehen ist und somit einen nützlichen Ausgangspunkt für weitere Forschungen und wissenschaftliche Arbeiten zu einer Reihe von Themen und Richtungen bieten kann.

Die Idee für die Forschungsreise wurde maßgeblich von dem Budapester Büro der Hanns-Seidel-Stiftung gefördert, die auch die notwendigen finanziellen Mittel großzügig zur Verfügung stellte. Auch die Hilfe und Unterstützung der Mitarbeiter des Archivs der Hanns-Seidel-Stiftung in München war für das erfolgreiche Gelingen der Forschung entscheidend.

Szilveszter Dékány
Bence Kocsev