Nachrichten


Konferenz zum 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags

Die gemeinsam von der Otto-von-Habsburg-Stiftung und dem Institut für Strategische Studien der Nationalen Universität für den Öffentlichen Dienst (NKE) organisierte Konferenz erinnerte im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten im Széchenyi-Saal der Ludovika an die Unterzeichnung des Élysée-Vertrags, der eine entscheidende Rolle im Leben unseres Kontinents spielte.

Konferenz zum 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags

Die gemeinsam von der Otto-von-Habsburg-Stiftung und dem Institut für Strategische Studien der Nationalen Universität für den Öffentlichen Dienst (NKE) organisierte Konferenz erinnerte im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten im Széchenyi-Saal der Ludovika an die Unterzeichnung des Élysée-Vertrags, der eine entscheidende Rolle im Leben unseres Kontinents spielte.

Am 22. Januar 1963 wurde ein historisches Abkommen zwischen dem französischen Präsidenten und dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Mit dem Élysée-Vertrag verpflichteten sich Charles de Gaulle und Konrad Adenauer zu einem ständigen Dialog zwischen den Staatsführern ihrer Länder – und mit der Zeit nicht nur zwischen denen, sondern auch zwischen den Figuren der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Welt – um die Feindschaft, die die Geschichte Europas jahrhundertelang prägte, ein für alle Mal zu überwinden. Eine gemeinsam vom Institut für Strategische Studien der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst und der Otto-von-Habsburg-Stiftung organisierte Konferenz erinnerte anlässlich des Jahrestages im Széchenyi-Saal der Ludovika an dieses Ereignis, das einen Wendepunkt im Leben unseres Kontinents darstellte.

In seiner Begrüßungsrede erinnerte Gergely Prőhle, Direktor unserer Stiftung, nicht nur an die Vergangenheit, sondern bat die Konferenzteilnehmer, um aus der Entscheidung vor 60 Jahren auch heute aktuelle Lehren zu ziehen, insbesondere solche, die uns bei dem Selbstbestimmung Europas im 21. Jahrhundert helfen können.

Der Rektor des NKE sprach ausführlich über die Beziehungen der Institution zu französischen und deutschen Universitäten, zu Forschungsinstituten und zu dem europäischen institutionellen System. In diesem Sinne glaubt Gergely Deli, dass junge Menschen, die ihre Karriere im europäischen und ungarischen öffentlichen Dienst aufbauen, in der Lage sein werden, sich für die gemeinsamen Werte zu engagieren. Er schloss seine Rede mit den Worten Adenauers ab: „Ein Rückblick hat nur dann Sinn, wenn durch ihn die Ansätze künftiger Entwicklungen bloßgelegt werden und er damit der Zukunft dient.“

Justizministerin Judit Varga bezeichnete den Élysée-Vertrag als eine Gießform und sieht seine Bedeutung in der Ära des Kalten Krieges darin, dass er eine Gelegenheit zur Zusammenarbeit bot und ein Beispiel für eine engere Integration setzte. Laut der Ministerin ist die auch heute relevante Botschaft des Vertrages, dass der Aufbau eines starken Europas nur mithilfe von Nationen mit starken Identitäten möglich ist, die mit tausend Verbindungen mit den Mitgliedern, Organen und Institutionen anderer Länder und Nationen verbunden sind, und dies im Geiste des gegenseitigen Respekts. Die Ministerin brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass der Krieg in unserer Nachbarschaft nicht eskaliert und dass die von der ungarischen politischen Führung in allen bestehenden Foren geforderten Waffenstillstandsgespräche und Frieden so schnell wie möglich zustandekommen.

Die französische Botschafterin in Budapest zog eine Parallele zwischen den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg und der heutigen Zeit. In beiden Zeiträumen erlebt man den Anfang einer neuen Ära, sagte Claire Legras, die durch die Veränderung der Gleichgewichtslage die Europäer zwingt, eine gemeinsame Antwort und eine gemeinsame Zielsetzung zu finden. Das Sicherheitsgefühl der 1990er Jahre ist nicht mehr vorhanden, und die EU-Politik sieht sich einer Reihe von Gefahren gegenüber. Der Schock des Krieges hat die Fragen einer einheitlichen Verteidigungspolitik aufgeworfen, und eine Reform der EU-Entscheidungsfindung steht auch vor der Tür. Die Frage ist, in welcher Form dies geschehen wird. Die französische Diplomatin ist optimistisch: Die deutsch-französische Zusammenarbeit war vielleicht noch nie so harmonisch, sagte sie.

Laut Julia Gross, Botschafterin von Deutschland, liegt die Bedeutung des Abkommens vor 60 Jahren darin, dass es sowohl eine unverbrüchliche Schicksalsgemeinschaft zwischen den beiden Nationen als auch eine seitdem spürbare Offenheit füreinander geschaffen hat. Dies prägte auch das letzte gemeinsame deutsch-französische Ministertreffen, bei dem alle brennenden Themen – Klimaschutz, europäische Sicherheitspolitik, digitale Souveränität, Energetik, Verstärkung der Demokratie, der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, der wirtschaftliche Aufstieg Chinas – diskutiert wurden. Gross verglich die Europäische Union mit einem gut funktionierenden Motor, der zwar nicht immer schön brummt, aber reibungslos läuft, mit einer solchen Betriebstemperatur, die das politische Klima nicht zu sehr abkühlen lässt.

László J. Kiss, emeritierter Professor der Corvinus-Universität Budapest, und Ferenc Gazdag, emeritierter Professor der Nationalen Universität für den Öffentlichen Dienst, stellten die Entstehung des Vertrags in einen historischen Kontext. Eric-André Martin vom Französischen Institut für Internationale Beziehungen sprach darüber, dass die 1963 festgelegten Modalitäten auch heute noch gültig sind, allerdings mit einem breiteren Horizont. Die Phänomene unserer Zeit können nicht mehr durch einen Konsens zwischen zwei Ländern vermieden werden: Die Gefahr einer Marginalisierung Europas kann nur durch die Einbeziehung der gesamten Union verhindert werden. Der aus dem Elsass stammende Patrik Hetzel, Abgeordneter der französischen Nationalversammlung, veranschaulichte die Komplexität von Identität und Zugehörigkeit zu einem Staat anhand der persönlichen Geschichte seiner Familie und erinnerte an die Erleichterung, die das Abkommen in seinem Heimatland auslöste. Heinrich Kreft, Lehrstuhlleiter der Andrássy Universität, erinnerte daran, dass die Annäherungsversuche zwischen den beiden Ländern bereits in den 1920er Jahren angestrebt wurden und dass ein kleiner intellektueller Kreis auch für Luxemburg eine Rolle in diesem Prozess vorsah.

Die Podiumsdiskussion wurde mit den Gedanken von László Trócsányi abgeschlossen. Der ungarische Europaabgeordnete, ehemalige Justizminister und Diplomat wies auf den unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Charakter von Frankreich und Deutschland hin und betonte die entscheidende Rolle, die die Persönlichkeit einzelner Politiker in den internationalen Beziehungen spielen kann. Doch wie auch immer sich das ,,Treffen der Stile“ in der Vergangenheit abgespielt hat, die entscheidende Frage ist, welche Vision die beiden Nationen 60 Jahren nach ihrem historischen Abkommen für den gesamten Kontinent im Jahr 2023 haben werden.

 

Fotos: Dénes Szilágyi