Vor 75 Jahren, am 9. Mai, wurde der Schuman-Plan vorgestellt, der später zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl führte, einem der Eckpfeiler der europäischen Integration. Otto von Habsburg begrüßte diesen Schritt schon damals. Er hatte ein gutes persönliches Verhältnis zu Robert Schumann – wie wir anlässlich des 70. Jahrestages besprochen haben – und teilte dessen Ziele für die Zukunft des alten Kontinents.
1964, an dem 25. Jahrestag der Gründung des Europarates, erklärte das Ministerkomitee des Europarates in Straßburg den 5. Mai zum Europatag. Nur wenige Tage liegen zwischen diesem Datum und dem 9. Mai, dem Jahrestag des Schuman-Plans, der vor 40 Jahren durch einen Beschluss des Europäischen Rates ebenfalls zum Europatag erklärt wurde. Otto von Habsburg erinnert an beide Tage in einem Artikel, der vor einem halben Jahrhundert in den Vorarlberger Nachrichten veröffentlicht wurde. Der Artikel enthält folgenden Auszug:
,,Seit Jahren wird der 5. Mai als Europatag gefeiert. Es ist auf einen Beschluss des Europarates zurückzuführen, der ein Datum suchte, welches ebenso der Tradition alter Zeit wie den modernen Entwicklungen entspricht. Der Tag ist auch nahe an jenem 9. Mai, an dem vor 25 Jahren die historische Erklärung Robert Schumans erfolgte, welche die konkrete Phase europäischer wirtschaftlicher Integration – durch Bildung der Kohle- und Stahlgemeinschaft – einleitete. Gedenktage wie diese werden oftmals zu schönen feiern verwendet, oder besser: missbraucht. Dabei sollte es sich gerade bei einer so großen Aufgabe wie der Schaffung eines geeinten Europas vor allem darum handeln, bei Jubiläen Rückschau und Ausschau zu pflegen, also Bilanzen zu erstellen und Pläne zu erarbeiten.“
Otto von Habsburgs Aufruf vor 50 Jahren, die Vergangenheit Europas ehrlich aufzuarbeiten, um gemeinsam in die Zukunft gehen zu können, ist heute, 75 Jahre nach der Schuman-Erklärung, vielleicht aktueller denn je, da wir vor vielfältigen Herausforderungen und Prüfungen stehen.
Gergely Fejérdy