Nach der Gedenkmesse, die von Hauptabt Cirill T. Hortobágyi zelebriert wurde, gedachten die Teilnehmer des letzten Thronfolgers bei seiner Herzurne.
Die Konzeption der Konferenz wurde von der Tatsache inspiriert, dass infolge ihres Zusammenlebens in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie die Vertreter der abrahamitischen Religionen – die christlichen, jüdischen und muslimischen Gemeinschaften – ihre letzte Ehre auf Otto von Habsburgs Beerdigung vor 10 Jahren zusammen erwiesen. Auf unserer Konferenz wurden die christliche Gemeinschaft von dem Hauptabt, Cirill T. Hortobágyi, die muslimische von dem bosnischen Hauptmufti, Husein Kavazovic (der mit seiner Begleitung auch an der Messe teilnahm), und die jüdische von dem Hauptrabbi, István Darvas vertreten. Im Hinblick auf die historischen Wechselfälle sprachen unsere Referenten über die aktuelle Lage der religiösen Gemeinschaften unseres Kontinents und unserer Region, und über die zukünftigen Herausforderungen.
Der Direktor der Otto-von-Habsburg-Stiftung, Gergely Prőhle, betonte in seiner Einleitung: eine Grundfrage des Lebenswerks von Otto von Habsburg ist, wie die Konsequenzen des Glanzes und Verfalles der Österreichisch-Ungarischen Monarchie gezogen werden können, und wie man sie in dem heutigen Europa interpretieren kann. Mit den Religionen und Konfessionen kooperierte damals die Monarchie, um die gesellschaftliche Integration zu unterstützen. So war es auch möglich, dass die bosnischen Muslime an dem Staatsleben und an der gemeinsamen Armee auch teilnahmen. In seinem Buch mit dem Titel Die Rechsidee untersuchte der ehemalige Thronfolger dieses Phänomen im Rahmen unserer heutigen Welt und schrieb, dass, um die moralische Ordnung in der jetzigen materiellen Welt aufrechtzuerhalten ist es nötig, dass sich die abrahamitischen Religionen nach Kooperation bestreben und einander anhören.
Diese Thematik wurde sowohl von dem Hauptabt von Pannonhalma, Cirill T. Hortobágyi als auch von dem Hauptrabbi und Generalsekretär der Landesrabbinerschule in Budapest, István Darvas fortgesetzt. Hauptabt Ciril stellte die Sonne in den Mittelpunkt seines Vorträges: laut ihm wäre das wirklich sichtbare Ergebnis, die Sonnenstrahlung, ohne die physischen und chemischen Prozesse, die unter der Oberfläche erfolgen, auch nicht vorstellbar. Diese Metapher wurde dann auf den christlichen Menschen übertragen: unser Glaube, unsere Werte und Moral, die wir innen erleben, bleiben ohne glaubwürdige Vertretung und echte Strahlung nur Ideologie.
Hauptrabbi István Darvas setzte den Gedanken auch fort und machte darauf aufmerksam, dass die religiösen Gemeinschaften nicht dann überleben können, wenn sie alle Ansprüche der Menschen bedienen, sondern wenn die Erwartungen über das entsprechende Anspruchsniveau sind; aber der Schlüssel zu dem Dialog sollte die liebevolle Uneinigkeit sein. Laut dem Hauptrabbi sind Liebe und Sachverstand die zwei wichtigsten Elemente der friedlichen Koexistenz. Liebevolle Uneinigkeit ist, wenn der Stärkere seinen Standpunkt nicht mit (Laut)Stärke beweisen möchte, sondern auch auf die Meinung der Minderheit achtet. Diese echte Diversität ist, wofür sich Otto von Habsburg als europäischer Staatsmann auch engagierte.
Der bosnische Hauptmufti, Husein Kavazovic betonte in seinem Vortrag auch dies, als er darüber sprach, wie wichtig Otto von Habsburg die Beziehung zu den muslimischen Gemeinschaften in Europa fand. Er besuchte mehrmals Sarajevo, das ihm zum Ehrenbürger ernannte. Der Hauptmufti zitierte Kardinal Christoph Schönborns Rede, die er auf der Beerdigung des letzten ungarischen Thronfolgers hielt: der interreligiöse Dialog ist die persönliche Verantwortung aller Gläubigen, der ohne die Wertvorstellung der anderen zu respektieren unvorstellbar ist. Der Leiter der muslimischen Gemeinschaft in Bosnien – als der oberste Vertreter des traditionellen, also auf dem Kontinent seit Jahrhunderten existierenden Islams – ist eine solche Persönlichkeit, die sich gegen den religiösen Radikalismus seit Jahrzehnten engagiert, und mit den anderen Ethnien und religiösen Gemeinschaften konstruktive Dialoge zu führen versucht. Gergely Prőhle erinnerte daran: Huszein Kavazovic war derjenige, der nach dem Massaker von Srebrenica im Jahre 1995, das 8700 muslimische Opfer forderte, die Muslime zur Selbstmäßigung aufforderte und die friedlichen Serben von den radikalen Tschetniken unterschied.
Stellvertretender Ministerpräsident Zsolt Semjén betonte in seinem Schlusswort, dass die historischen Lehren der Österreichisch-Ungarischen Monarchie auch heute aktuell sind, und man sollte sie vor Auge halten. Der Präsident der Christlich-Demokratischen Volkspartei machte darauf aufmerksam, dass, um die europäische Kultur aufrechtzuerhalten sind die Dialoge und der gegenseitige Respekt nötig.
Hier können Sie sich die Konferenz in ungarischer, englischer und deutscher Sprache ansehen: