Die Aufgabe der Otto-von-Habsburg-Stiftung ist es, das geistige Erbe ihres Namensgebers – seine Korrespondenz, seine Sammlung von Büchern und Zeitungsartikeln, seine Sammlung von Fotografien und Bewegtbildern sowie seinen persönlichen Nachlass – zu bewahren, zu ordnen und zu erforschen. Gleichzeitig setzt sich die Stiftung dafür ein, diese unschätzbaren historischen und politischen Dokumente so weit wie möglich zugänglich zu machen. Deshalb richten wir eine Online-Datenbank ein, um diese Quellen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies wurde am 23. Januar bei unserer Veranstaltung „Jahresbeginn in der Sammlung“ im Rahmen des Tages der Ungarischen Kultur bekannt gegeben.
Gergely Prőhle, Direktor der Otto-von-Habsburg-Stiftung, begrüßte die Gäste der Veranstaltung. Er teilte mit, dass die Stiftung im Jahre 2019 mit der Aufarbeitung des Nachlasses begonnen hat; in den Jahren seither haben wir die Sammlungsordnung, die Grundstruktur der Archivordnung entwickelt und die Methodik für den digitalen Zugang geschaffen. Er wies darauf hin, dass wir nicht nur die Sammlung pflegen müssen, sondern auch in der Lage sein müssen, das geistige Erbe unseres Namensgebers zu vermitteln. Er hob auch die Veranstaltungen der Stiftung im Ausland als eine bedeutende Entwicklung im Jahr 2022 hervor, die eine Reihe von sehr positiven Reaktionen erhalten haben. Er verwies auf die Bedeutung der ungarischen Sprache und Kultur für Otto von Habsburg: In vielen bearbeiteten Dokumenten hat er auf seine ungarische Verbundenheit hingewiesen und betrachtete Ungarisch als seine zweite Muttersprache. Er hat Dezső Kosztolányi und Sándor Márai gelesen, ebenso wie die Gedichte von Endre Ady, Sándor Petőfi, Ágnes Nemes Nagy und Sándor Weöres.
In seiner Begrüßungsrede betonte Kanzleramtsminister Gergely Gulyás, dass das Lebenswerk des letzten ungarischen Thronfolgers auch heute noch bemerkenswert ist: „für alle, die sich für unsere Gegenwart, die aus unserer Vergangenheit erwächst, interessieren”. Er betonte, dass die Arbeit der Institution, die sich für die Aufarbeitung des Nachlasses einsetzt, einen Meilenstein erreicht hat: Es ist Zeit, das geistige Erbe in einer für alle zugänglichen Form im Internet zugänglich zu machen. Gergely Gulyás würdigte das Leben von Otto von Habsburg und sagte, dass der Thronfolger ,,auch mit seinem veränderten Status – oder unabhängig von seinem Status – dem Erbe und den besten Traditionen seiner Vorfahren, der Pflicht und dem Dienst, gefolgt sei und den damit verbundenen Kampf und die Auseinandersetzung gewählt habe. Er kämpfte gegen die totalitären Ideale und die Diktatur des Nationalsozialismus und des Kommunismus für ein Europa der Freiheit und des Friedens. Dieser Kampf schien im 20. Jahrhundert oft hoffnungslos verloren zu sein, aber die Sieger waren schließlich jene, die wie Otto von Habsburg an die Freiheit und die unbedingte Achtung der Menschenwürde glaubten“.
Die Stiftung, die von der Kanzlei des Ministerpräsidenten gefördert wird, kann auch dazu beitragen, die Werte von Otto von Habsburg im christlichen Europa zu fördern – sagte dann Gergely Prőhle, Direktor der Stiftung. Er erinnerte daran, dass wir im vergangenen Jahr eine Reihe von abwechslungsreichen Veranstaltungen anlässlich des 110. Jahrestages der Geburt von Otto von Habsburg und des 100. Todestages von Karl IV. organisierten.
Der letzte ungarische Thronfolger wurde der ungarischen Gesellschaft durch den Dokumentarfilm Aus Gottes Gnaden, den meistgesehenen ungarischen Film des Jahres 1989, vorgestellt. Einer der Macher des Films, Gábor Hanák, erzählte dem Publikum die Geschichte der Entstehung des Films.
Bei der Veranstaltung am Montag, die im Zusammenhang mit dem Tag der Ungarischen Kultur stattfand, präsentierten wir unsere neuesten Publikationen sowie die Sammlung und die digitale Plattform, die sie verwaltet. Unsere Mitarbeiter stellten die bisherigen Fortschritte der thematischen Aufarbeitung der verschiedenen Sammlungsbereiche – Archiv-, Bibliotheks-, Foto- und Gegenstandsammlung – vor.
Zoltán Ólmosi, Mitarbeiter bei der Sammlung und Hauptarchivar, erinnerte an die Forschungen und wissenschaftlichen Ergebnisse im Zusammenhang mit Karl IV. und Otto von Habsburg vor der Entstehung der Stiftung. Gergely Fejérdy, stellvertretender wissenschaftlicher Direktor, beschrieb kurz den Weg der Sammlung, von der Ankunft des Archivmaterials bis zum aktuellen Stand der Aufarbeitung. Eszter Gaálné Barcs, Hauptarchivarin, sprach über die ungarischsprachige Korrespondenz von Otto von Habsburg, die unsere Stiftung als erste aus dem Nachlass aufgearbeitet hat und nun schrittweise digital erforschbar macht. István Gergely Szűts wies auf die Erkenntnisse aus der Erforschung der sozialen Netzwerke hin, die im Lebenswerk von Otto von Habsburg und in den Aktivitäten unserer Stiftung eine wichtige Rolle spielen. Anett Hammer-Nacsa gab einen Einblick in die Erforschungsprozesse der deutschen Zeitschrift Zeitbühne, während Ferenc Vasbányai über die Struktur der Büchersammlung, die interessantesten dedizierten Bände und die literarischen Interessen von Otto von Habsburg sprach. Der Hauptmitarbeiter der Sammlung, Szilveszter Dékány stellte die Fotosammlung vor und betonte, dass die Bilder, die mit verschiedenen Techniken aufgenommen wurden, eine große Zeitspanne abdecken. Unsere Kollegin Beáta Vitos-Merza sprach über die Hinterlassenschaft unseres Namensgebers, und schließlich stellte Eszter Kardonné Fábry die Tagebücher, die wir von Erzherzogin Walburga bekamen, und unsere Ausstellung im Königlichen Schloss Gödöllő vor, die bis zum 1. April zu sehen sein wird.
Den Abschluss der Veranstaltung war die Rede von Antal Molnár, Direktor des Instituts für Geschichtswissenschaften des ELKH-Forschungszentrums für Geisteswissenschaften, der über das Gebäude des nationalen Zentrums der Evangelischen Kirche Ungarns und seine Bedeutung sprach: Neben unserer Sammlung befinden sich hier nämlich auch die Podmaniczky-Degenfeld-Bibliothek und die Péter Esterházy- und Gitta Esterházy-Bibliothek.
Die Datenbank, die nun online zugänglich wird, wird einen schrittweisen Zugang zu Otto von Habsburgs Korrespondenz, Fotografien, Studien und Schriften ermöglichen. Aus der bisherigen Aufarbeitung geht bereits hervor, dass Otto von Habsburg mit Tausenden von Menschen korrespondierte; ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurde die Zahl seiner Korrespondenten allein in Ungarn auf rund sechstausend geschätzt. Die Sammlung umfasst auch Tausende von Fotos von ihm und seiner Familie, stundenlanges Filmmaterial und Audio-Interviews, eine Bibliothek mit 11.000 Bänden in Englisch, Deutsch, Französisch und Ungarisch sowie eine mehrsprachige Artikelsammlung mit 7.000 Dokumenten.
Auf der neu gestarteten Online-Plattform werden die Folgende aus dem Nachlass von Otto Habsburg erstmals digital zugänglich gemacht: die ungrarischsprachige Korrespondenz seines Sekretariats, ein Teil der Fotosammlung und Ausschnitte aus Videointerviews, die Péter Bokor und Gábor Hanák in den 1980er Jahren gemacht haben.
Wir bedanken uns für das große Interesse an der Veranstaltung und für die Teilnahme unserer Gäste und hoffen, immer mehr Besucher auf der Online-Plattform begrüßen zu können!
Fotos von Tamás Totisz