Aschermittwoch nimmt einen bedeutenden Platz im politischen Kalender Bayerns und Deutschlands ein. Die bundesweit bekannteste und spektakulärste Veranstaltung am ersten Fastentag ist zweifelsohne die der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU). Am Rande dieser Veranstaltung bietet die parteinahe Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) seit Jahren ihr Programm Mitteleuropäischer Dialog an, um die Zusammenarbeit in der breiteren Region Mitteleuropa zu verstärken und Gespräche zwischen bayerischen Entscheidungsträgern und Vertretern der jungen Generation aus den verschiedenen Visagrad-Ländern zu ermöglichen.
Obwohl die Ursprünge des politischen Aschermittwochs mehr als ein Jahrhundert zurückliegen, erlangte das Ereignis erst mit dem Auftreten von Franz Josef Strauß in den 1950er Jahren größere Berühmtheit und bundesweite Bedeutung. Bis zu seinem Tod begeisterte der Spitzenpolitiker der CSU mehr als dreißig Mal ein wachsendes Publikum und machte die Versammlung von einer lokalen Initiative zu einem führenden und stimmungsvollen Forum der öffentlichen Debatte und zu einer einzigartigen Institution der Bundespolitik. Die Aschermittwochsbotschaften des charismatischen bayerischen Ministerpräsidenten haben das politische Denken nachhaltig beeinflusst und die ideologischen Debatten seiner Zeit maßgeblich geprägt.
Otto Habsburg, der sich seit den 1970er Jahren verstärkt in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit engagierte, nahm selbst mehrmals an dieser zentralen politischen Kundgebung zu Beginn der Fastenzeit teil. Seine Anwesenheit war jedoch mehr als nur ein Höflichkeitsbesuch, der sich aus seiner engen Beziehung zu Franz Josef Strauß ergab, und hatte einen gewissen Symbolwert: Mit seinen Auftritten hat er dem Parteivorstand und seinen Parteifreunden deutlich gemacht, dass Tradition und modernes öffentliches Handeln nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern dass Geschichtsbewusstsein und dynastische Erfahrungen sowie die damit verbundene weitsichtige Politik auch in der Gegenwart erfolgreich in den Dienst des Landes, des Bundes und Europas gestellt werden können.
Otto Habsburg bei der politischen Aschermittwochs-Veranstaltung, 1989
(Bild: Hanns-Seidel-Stiftung, München)
Die diesjährige Veranstaltung der CSU fand traditionsgemäß in Passau, Niederbayern, statt. Hauptredner der politischen Versammlung war der amtierende Partei- und Ministerpräsident Markus Söder, dessen Auftreten stark von seiner engen Verbundenheit mit dem Strauß’schen Erbe geprägt ist. Dazu gehört auch die Überzeugung, dass die Stellungnahmen am ersten Tag der Fastenzeit – vor allem in einem Wahljahr – einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Debatte haben. Neben scharfer Kritik an den politischen Konkurrenten ging es in der fast anderthalbstündigen Rede um zentrale Themen wie die Bewältigung der Migration, den Zustand der Landwirtschaft und die Eindämmung des rechten und linken Extremismus. An der Kundgebung nahmen neben prominenten CSU-Politikern auch Mitglieder der örtlichen und regionalen CSU-Verbände sowie ausländische Gäste teil.
Auch in diesem Jahr organisierte die HSS im Rahmen der Veranstaltung ihr mitteleuropäisches Dialogprogramm. Diese Gelegenheit bietet Jugendlichen aus der mitteleuropäischen Region die Möglichkeit, mit bayerischen Politikern und Vertretern des öffentlichen Lebens über aktuelle Themen und über die Aussichten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu diskutieren. Am Vorabend des politischen Aschermittwochs diskutierten die Teilnehmer mit Thomas Erndl, MdB und stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, über die wichtigsten globalen und europäischen Themen und die voraussichtliche Entwicklung der vielfältigen Beziehungen in der Region Mitteleuropa. Im Anschluss an das Kernprogramm in der Passauer Dreiländerhalle hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich über ein ambitioniertes Projekt zur integrierten ländlichen Entwicklung des Ilzer Landes zu informieren und einen kurzen Meinungsaustausch mit Stefan Meyer, Mitglied des Bayerischen Landtags, über die aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Lage in der Region zu führen.
Für die Teilnahme an der Veranstaltung bedanken wir uns bei Markus Ehm, dem Regionalleiter der HSS für Mitteleuropa, sowie bei Renáta Fixl und Kamilla Takács, der Leiterin und Projektassistentin des Budapester Büros der Stiftung.
Bence Kocsev