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Gemeinsames Erbe, gemeinsame Verantwortung – Konferenz und Ausstellung in Wien

Am 24. Januar 2023 veranstalteten die Otto-von-Habsburg-Stiftung und das Collegium Hungaricum Wien eine Konferenz und eine Ausstellung, um an einige wichtige Momente des außergewöhnlichen Lebens von Otto von Habsburg zu erinnern, mit besonderem Augenmerk auf die Rolle des ehemaligen Thronfolgers bei den politischen Umwandlungen in Mitteleuropa.

Gemeinsames Erbe, gemeinsame Verantwortung – Konferenz und Ausstellung in Wien

Am 24. Januar 2023 veranstalteten die Otto-von-Habsburg-Stiftung und das Collegium Hungaricum Wien eine Konferenz und eine Ausstellung, um an einige wichtige Momente des außergewöhnlichen Lebens von Otto von Habsburg zu erinnern, mit besonderem Augenmerk auf die Rolle des ehemaligen Thronfolgers bei den politischen Umwandlungen in Mitteleuropa.

Am 24. Januar 2023 veranstalteten die Otto-von-Habsburg-Stiftung und das Collegium Hungaricum Wien eine Konferenz und eine Ausstellung, um an einige wichtige Momente des außergewöhnlichen Lebens von Otto von Habsburg zu erinnern, mit besonderem Augenmerk auf die Rolle des ehemaligen Thronfolgers bei den politischen Umwandlungen in Mitteleuropa. Die Referenten der Veranstaltung beleuchteten auch einige der Einflussbereiche von Otto Habsburgs intellektuellem Erbe, die bezüglich des Handels der öffentlichen Leben nicht nur in den vergangenen Jahrzehnten, sondern auch heute relevant sein können.

In seiner Eröffnungsrede bei der Veranstaltung im Ungarischen Kulturinstitut in Wien betonte Iván Bertényi, stellvertretender wissenschaftlicher Direktor des Instituts und Leiter des Wiener Instituts für Ungarische Geschichtsforschung, dass Otto von Habsburg den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie, die durch die Entscheidung von Jalta auf die östliche Seite des Eisernen Vorhangs gedrängt wurden, besondere Aufmerksamkeit schenkte. Während seiner gesamten politischen Laufbahn setzte er sich konsequent für das Selbstbestimmungsrecht der mitteleuropäischen Nationen ein und tat viel für deren europäische Integration. Diese Bemühungen und sein Engagement für ein einheitliches Europa sind ein wichtiger Teil seines politischen Erbes.

Rainhard Kloucek, Mitglied der Präsidentschaft der österreichischen Paneuropa-Union, betonte in seiner Einführungsrede, dass der Abbau des Eisernen Vorhangs ein klar definiertes Ziel der Paneuropa-Union war, da die Bewegung das vereinte Europa in erster Linie als eine solche Sicherheitsgemeinschaft sah, die allen europäischen Menschen, allen europäischen Völkern offenstehen sollte. Neue Schwung erhielt dieser Kampf durch Otto Habsburg, der 1973 zunächst zum Vizepräsidenten und dann zum Präsidenten gewählt wurde und als einer der ersten erkannte, dass das kommunistische Regime und damit die bipolare Weltordnung nicht dauerhaft bestehen kann. Der Generalsekretär betonte nicht nur die Bedeutung des echten politischen Engagements und des Paneuropäischen Picknicks, das den wichtigsten Moment in diesem Prozess bedeutete, sondern er unterstrich auch, dass die Bewegung von Anfang an ein Vermittler für die Idee eines einheitlichen Europas in der gesamten Region war, das auf gemeinsamen Werten beruht und sich an dem in den europäischen Grundverträgen verankerten Subsidiaritätsprinzip orientiert. Der Generalsekretär schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis, dass die Erfahrungen aus der Wendezeit und das politische Erbe von Otto Habsburg den politischen Entscheidungsträgern auch heute nützliche Lehren haben können.

Der Vortrag von Róbert Fiziker, Hauptarchivar des Ungarischen Nationalarchivs, untersuchte die Beziehung zwischen Otto von Habsburg, der im Herbst 1918 Ungarn als Thronfolger verließ und im Sommer 1987 als Abgeordneter des Europäischen Parlaments zurückkehrte, und der ungarischen Nation. Herr Fiziker stellte dar, dass der mit seinem Land stets solidarische Politiker die ungarischen (und mitteleuropäischen) Interessen in der ganzen Welt mit fließenden Ungarischkenntnissen repräsentierte – sei es als Befürworter der Nation in den Vereinigten Staaten während des Zweiten Weltkriegs, oder während der Wendezeit und des euro-atlantischen Beitritts. Der Vortrag beleuchtete auch andere wichtige Aspekte des öffentlichen Engagements von Otto von Habsburg in Ungarn und auch wie sich seine Arbeit für das Land in die breitere politische Vision des Staatsmannes einfügte. Der Referent betonte, dass das jahrhundertelange Zusammenleben mit den Habsburgern ein besonderes nationales Gedächtnis geschaffen hat, das eher engstirnig und abweisend gegenüber den Mitgliedern der früheren Regentendynastie ist, aber Otto von Habsburg war sicherlich eine Ausnahme davon: Sein politisches Credo war stets vom Einsatz für das Gemeinwohl geprägt, und diese Denkweise bezüglich des öffentlichen Lebens machte ihm populär.

Im Anschluss an den Vortrag von Róbert Fiziker erläuterte Bence Kocsev von der Otto-von-Habsburg-Stiftung, dass der letzte ungarische Thronfolger dank seines außergewöhnlichen Sendungsbewusstseins und seiner Arbeitsmoral fähig war, die verlorene Macht in so ein politisches und soziales Kapital umzuwandeln, das ihn zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im 20. Jahrhundert machte. Wie in den anderen Vorträgen hervorgehoben wurde, war eines der wichtigsten Elemente seines Lebenswerkes sein Engagement für das Vereinheitlichen des europäischen Kontinents. Otto von Habsburg stellte die europäische Integration jedoch nicht als eine auf rechtlichen Regeln basierende Integration vor, sondern betonte die Bedeutung der gemeinsamen geistigen Grundlagen, ohne die das Vereinheitlichen des Kontinents nicht denkbar ist. Unter Bezugnahme auf den Vortrag von Rainhard Kloucek wies Bence Kocsev auch darauf hin, dass Otto von Habsburg aktiv an der Vorbereitung der Wende in der weiteren Region (einschließlich der baltischen Staaten und Deutschlands) teilnahm und unterstützte später deren Beitritt zum euro-atlantischen Raum. Sein außergewöhnliches Charisma war einerseits das Ergebnis seines historischen Bewusstseins und der daraus entstehenden Fähigkeit, die politischen Situationen zu erkennen, und andererseits das Ergebnis eines solchen Habitus, der eigenartiges Gleichgewicht zwischen seinem natürlichen Optimismus und seinem Realitätssinn – der seine Entscheidungen zutiefst prägte – zu finden ermöglichte.

Helmut Wohnout, Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs, zeigte zu Beginn seiner Präsentation ein Foto des legendären Händeschüttelns zwischen dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky und Otto von Habsburg im Jahre 1972. Er teilte mit, dass er während seines Besuchs in Budapest im vergangenen Sommer eine Kopie des Fotos von der Feier zum 50-jährigen Bestehen der Paneuropäischen Union unserer Stiftung schenkte. Die Geste war ein symbolischer Ausdruck dafür, dass die politische Führung der Republik Österreich nach fünf Jahrzehnten – und als Abschluss einer turbulenten Zeit – mit dem Oberhaupt der Familie Habsburg, das seit 1961 auch österreichischer Staatsbürger war – auf einer besonderen Weise ausglich. Vor der Versöhnung gab es jedoch eine lange öffentliche Debatte. Der Generaldirektor stellte vor, wie Bundeskanzler Kreisky die politischen (und teilweise auch gesellschaftlichen) Spannungen, die durch die Rückkehr von Otto von Habsburg entstanden waren, zu lösen versuchte und wie es ihm schließlich gelang, die als „Causa Habsburg“ bekannte Staatsaffäre – die lange Zeit Koalitionsspannungen verursachte – zu bewältigen. Die Tatsache, dass Otto von Habsburg so lange von Österreich ferngehalten wurde, hat dem Land viel mehr geschadet als Otto von Habsburg selbst. Am Ende seines Vortrages betonte Helmut Wohnout die politische Hellsichtigkeit des ehemaligen Thronfolgers und die Notwendigkeit, das Erbe, das von der Stiftung bewahrt ist, zu pflegen, sowie die Bedeutung der Aufarbeitung dieser Sammlung und dieses geistigen Erbes.

Der ikonische Händedruck zwischen dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky und Otto von Habsburg (1972)

Lothar Höbelt, emeritierter Professor für Neuere Geschichte an der Universität Wien, hielt einen Vortrag mit dem Titel ,,Otto von Habsburg als außergewöhnliche politische Persönlichkeit“. In dem Vortrag beschrieb er die einzigartige öffentliche Tätigkeit des ehemaligen Thronfolgers. Das Exposee zeigte das Leben eines Staatsmannes, der sein historisches Wissen und seine vielseitigen Talente in eine Art praktisches Wissen umwandeln konnte und dessen dynastische Erfahrung und Familienerbe sich in ein politisches Programm verwandelten, das ihn zu einem bedeutenden christdemokratischen und konservativen Politiker des 20. Jahrhunderts machte.

Die Konferenz endete mit einem Vortrag von Gergely Prőhle, Direktor der Otto-von-Habsburg-Stiftung. Herr Prőhle präsentierte die bisher geleistete Aufarbeitung des materiellen und geistigen Erbes unseres Namensgebers und darüber hinaus die längerfristigen Zielsetzungen der Institution. Er wies darauf hin, dass die Stiftung ihre Sammlung am Tag vor der Veranstaltung in Wien bei einer Kick-off-Veranstaltung vorstellte und ihre Online-Plattform startete, mithilfe deren und der stufenweisen Digitalisierung der Sammlung, das Erbe des letzten ungarischen Thronfolgers der ungarischen und internationalen Öffentlichkeit leicht zugänglich gemacht wird. Gergely Prőhle betonte, dass die Aufarbeitung des materiellen Erbes und die Pflege der von Otto von Habsburg hiterlassenen geistigen Werte verbunden sind, da letzteres nur auf der Grundlage einer durch wissenschaftliche Akribie und philologische Genauigkeit gestützten Archivarbeit erfolgen kann. Diese Arbeit steht im Einklang mit der international üblichen Praxis und jener der heimischen Institutionen. Er teilte auch mit, dass das letztjährige Doppeljubiläum – 110. Geburtsjubiläum von Otto von Habsburg und 100. Todestag von Karl IV. – nicht nur die aktive Präsenz der Stiftung im Inland, sondern auch die internationale Sichtbarkeit der Stiftung verstärkte. Als weiteres Ziel der Stiftung wurde auch erwähnt, ein internationales akademisches und öffentliches Netzwerk aufzubauen, das als intellektuelles Zentrum zum Treffpunkt für Forscher der politischen und intellektuellen Geschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden kann.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch die Ausstellung über das Leben von Otto von Habsburg vorgestellt, die von der Otto-von-Habsburg-Stiftung zusammengestellt wurde.

 

Fotos: Collegium Hungaricum Wien