Im Rahmen des Europäischen Hochschulinstituts arbeitet auch das Historische Archiv der Europäischen Union, so ist unsere Stiftung mit dem Institut in Kontakt getreten. Dieter Schlenker, der Direktor des Archivs hat sich in seiner Eröffnungsrede an das Besuch von den Mitarbeitern der Ott-von-Habsburg-Stiftung im Frühling erinnert, das die Idee der jetzigen Konferenz inspiriert hat und die Möglichkeiten weiterer Kooperation eröffnet hat. Er hat betont, dass obwohl der Lebensweg und die Karriere von Otto von Habsburg in Westeuropa vielleicht weniger bekannt ist, er ist derjenige, der dank seiner Karriere die östlichen und westlichen Teile des Kontinents verbinden konnte. Er hat das Publikum daran erinnert, dass Otto von Habsburgs Ansprachen und andere parlamentarischen Materialen als Europaparlamentsabgeordneter während der vier Gesetzgebungsperiode im Archiv in Florenz bewahrt sind, die weiteren interessanten Fakten bezüglich der Geschichte der Europäischen Union und der Idee der europäischen Zusammenarbeit beleuchten können.
Professor Renaud Dehousse, der Präsident des Europäischen Hochschulinstituts hat in seinen Einleitungsgedanken vorgestellt, dass der Gründungsvertrag des Instituts eindeutig aussagt, dass dessen langfristiges Ziel unter anderem das Folgende ist: den damals noch von dem Eisernen Vorhang geteilten Kontinent im Bereich der Wissenschaft zu verbinden. In diesem Sinne harmonisieren die Mission des Forschungsinstituts und Otto von Habsburgs Vorstellung über das vereinigte und freie Europa miteinander, und die Konferenz „kann helfen zu erkennen, wie man sich von der Karriere von Otto von Habsburg und anderer ähnlichen Politiker inspirieren kann, und wie man sich auf seiner eigenen Weise zu ihrem Erbe treu bleiben kann.“
Gergely Prőhle, der Direktor der Otto-von-Habsburg-Stiftung betonte in seiner Eröffnungsrede, dass die Karriere des letzten ungarischen Thronfolgers und später Europaparlamentsabgeordneter nicht von der Frustration geprägt wurde, die wegen des Machtverlustes entstanden ist, sondern von der Dankbarkeit für all das, was ihm während seiner politischen Karriere gegeben wurde – dies zeigt der Titel der Konferenz. Dieses Optimismus kann auch an dem 110. Geburtsjubiläum inspirierend sein. Die zwei wichtigsten Nachrichten aus Otto von Habsburgs Erbe, die Fähigkeit den tiefen christlichen Glauben und die Modernität, und die nationalen und europäischen Interessen vereinbaren zu können, sollten auch in diesem Sinne betrachtet werden.
Otto von Habsburgs Tätigkeiten als Europaparlamentsabgeordneter wurden aus wissenschaftlichen Aspekten von Aline Sierp, Dozentin an dem Maastricht University untersucht und vorgestellt. Sie teilte mit, dass der CDU-Politiker in der Europäischen Volkspartei tätig war, aber auch von den anderen Parteien respektiert war. Otto von Habsburg hatte zahlreiche Ansprachen, Vorschläge und Stellungsnahmen – die Interessantesten davon sind diejenige, die im Zusammenhang mit dem Prozess der Wende, mit den Veränderungen im Ostmitteleuropa (auch mit dem Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawien), mit der Wiedervereinigung Deutschlands und mit der Osterweiterung der Europäischen Union stehen. Deren genauer Untersuchung beleuchtet nicht nur Otto von Habsburgs Beitrag zu diesen Prozessen, sondern auch die Veränderungen der Stellungsnahmen des Europaparlaments, wie es allmählich eine immer aktivere politische Rolle gespielt hat. Otto von Habsburg hat aber auch eingesehen, dass man auf die Veränderungen im Ostblock vorsichtig reagieren sollte, da diese Reaktionen solche unabsichtlichen Folgen haben können, die die politischen Wandel dort negativ beeinflussen können. Um die 20-jähhrigen politische Tätigkeit des letzten ungarischen Thronfolgers zusammenzufassen hat die Referentin festgestellt: „Gott sei Dank, dass Otto von Habsburg Europaparlamentsabgeordneter war.“
Alain Lamassoure, ehemaliger französischer Minister für Europäische Angelegenheiten hat seinen Vortrag mit dem Titel Otto von Habsburgs Rolle in dem Aufbau der europäischen Idee an die Veranstaltung geschickt. In seiner Rede betonte er, dass obwohl sein ehemaliger Fraktionskamerad in dem Europäischen Parlament über die Mangelhaftigkeiten des europäischen Integrationsprozesses – besonders des Maastrichter Vertrages – im Klaren war, bedeutete seine kritische Einstellung überhaupt nicht, dass er gegen die Aufstellung der gemeinsamen europäischen Institutionen opponiert hat. Trotz deren Fehler hat er sie absolut unterstützt. Der französische Politiker unterstrich, dass Otto von Habsburg mithilfe seiner dynastischen Erfahrungen viel getan hat, um die europäische Integration so zu gestalten, dass sie die Souveränitäten auf niedrigeren Ebenen (staatlich, regional, lokal) anerkennt, und nicht abschafft. Im Einführungsvortrag wurde auch erwähnt, dass gerade zu dem Zeitpunkt, als die öffentliche Meinung Fukuyamas Vision feierte, warnte Otto von Habsburg die anderen Abgeordneten vor dem übermäßigten Optimismus: Er beleuchtete, dass der Migrationsdruck, die Wiederholung der Pandemien und die Umweltverschlechterung auch zu Risiken führen können. Er hat sogar erkannt, dass wegen den externen militärischen Bedrohungen eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik nötig ist. „Otto von Habsburgs Gedanken waren nie aktueller, als heute. So können sie helfen, unser Zeitalter zu verstehen und die Probleme zu bewältigen.“
Enikő Győri, Europaparlamentsabgeordnete erinnerte sich daran, dass sie in den Vorbereitungsausschüsse für Assoziierungsabkommen mit Ungarn in den 90er die Möglichkeit hatte, Otto von Habsburg persönlich zu treffen. Die Referentin betonte die Gedanken des CSU-Politikers, dass es viel wichtiger ist, was die Europäer zusammenbringt, als was sie voneinander trennt. Im Zusammenhang mit der historischen Einleitung von Aline Sierp erläuterte sie, dass sich die Rolle des Europäischen Parlaments in der letzten Zeit stark verändert hat, unter anderem vindiziert es sich immer mehr Mitspracherecht in Fragen außerhalb seiner Befugnisse. Über die aktuellen Prozesse teilte sie mit, dass die Debatten in dem Europäischen Parlament immer polarisierter sind, und dieses Phänomen lässt sich auch in den wichtigsten Themen und Fragen der letzten Zeit zu beobachten (das Recht auf Gesetzesinitiative, das Spitzenkandidaten-System und der Umweltschutz). Hier stellt sich aber auch die Frage der Verantwortungsnahme, weil es nicht geklärt ist, ob das Parlament auch in solchen Fragen, in denen es seine Befugnisse überschreitet, auch Verantwortung nimmt. Abgesehen davon „bin ich mir sicher, dass Otto von Habsburg sehr stolz auf das jetzige Europäischen Parlament wäre, aber sich darum Sorgen machen würde, ob es wirklich für die europäischen Bürger arbeitet, und ob es wirklich an einer solchen Integration Interesse hat, die den europäischen Bürgern besser dient. Ich selbst mache mir sicherlich Sorgen darum“ – endete ihren Vortrag die Abgeordnete.
Tibor Navracsis, der Minister für regionale Entwicklung und für die Verwendung von EU-Mitteln hat über die europäischen Traditionen und über die jetzige Relevanz des Subsidiaritätsprinzips gesprochen. Er hat das aus der gesellschaftlichen Lehre der katholischen Kirche stammende Prinzip – der im Rahmen des Maastrichter Vertrages eingeführt wurde, und seitdem ein Grundstein des Integrationsprozesses ist – kurz vorgestellt. Laut des Ministers steckt die Beliebtheit des Konzepts in seiner Polysemie, und genau diese Ambiguität hat ermöglicht, dass die Europäische Union in den letzten 30 Jahren fähig war effektiv zu funktionieren. Der Referent machte darauf aufmerksam, dass Otto von Habsburg dank seiner persönlichen Erfahrungen und politischer Sozialisierung, und dank der Lehren der Geschichte der Habsburgermonarchie erkannt hat, welche Möglichkeiten die praktische Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips bedeuten kann. Dadurch hat er auch gesehen, dass genau die einzigartigen historischen Erfahrungen der ehemaligen Habsburgermonarchie diejenige sind, die der Europäischen Union ein Beispiel setzen können. Die tägliche Umsetzung der ,,vernünftigen Subsidiarität“, die ,,von der gegenseitig gutmütigen Kooperation der konstitutiven Teile der Gesellschaft geschafft werden kann“ ist eine der wichtigsten Folgen dieser spezifischen ostmitteleuropäischen Erfahrung. Otto von Habsburgs Erbe zeigt genau, dass Europa eine solche Integration sein sollte, die die aus den verschiedenen historischen Erfahrungen entstandenen nationalen, regionalen und lokalen Souveränitäten anerkannt, und die das Subsidiaritätsprinzip im Dienst eines besseren Allgemeinwohles einsetzt. Der Minister betonte, dass die Zukunft der Europäischen Union auf ,,Vertrauen in vernünftigen Lösungen“ beruhen sollte, und man sollte die ideologischen Konflikte vermeiden, auf die praktische Lösungen des gemeinsamen europäischen Zusammenlebens fokussieren, und nach der Ausarbeitung gemeinsamen Lösungen streben.
Am Ende der Diskussion wurde die Ausstellung mit dem Titel ,,Lebensweg und Erbe“ – die Otto von Habsburgs Leben vorstellt – in der Vorhalle des Villa Salviatis eröffnet.