Feulner war Präsident der Stiftung zwischen 1977 und 2013. Er baute die Organisation auf und näherte sie den aktuellen politischen Ereignissen, sodass auch das erfolgreiche Wahlprogramm von Ronald Reagen aus dem Jahre 1980 hauptsächlich von ihm und seinem Team ausgearbeitet wurde. Als er von der Archivsammlung des Nachlasses von Otto von Habsburg erfuhr, besuchte er uns und erinnerte sich an den ehemaligen Thronfolger, unter anderem an seinen Besuch nach Pöcking im Jahre 1965, als er damals einen Deutschkurs in Salzburg machte.
Wir fanden und gaben ihm den Brief, in dem er den Besuch initiierte, und Feulner bat ihre Mitarbeiter, die Studie von Otto von Habsburg zu schicken, zu deren Anfertigung er von Feulner aufgefordert wurde und deren Erscheinung er für die Entwicklung des amerikanischen konservativen politischen Denkens über Mittelosteuropa für essenziell hielt. Die Studie „The Effects of Communism on Cultural and Psychological Politics is Eastern Europe” erschien im Jahre 1966 in der Herbstausgabe von The Intercollegiate Review, welches von Feulner editiert wurde.
IR_03.01_Habsburg_Sept.-Oct.1966
Den Text zu lesen lohnt sich. Auf Feulner übte die größte Wirkung aus, dass Otto von Habsburg kaum fünf Jahre nach dem Aufbau des Mauers so überzeugt von dem Scheitern des kommunistischen Regimes spricht, welches laut ihm nicht wegen politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Sicherheitsgründen erfolgen wird, sondern weil die menschliche Psyche langfristig nicht erdrückt werden kann. Laut Ed Feulner wurde Reagens Politik in den 1980er Jahren auch von diesem Gedanken inspiriert, wofür die Rede des amerikanischen Präsidenten an der westlichen Seite des Brandenburger Tors vom 12. Juni 1987 ein treffendes Beispiel ist.
Die Rede fasste Ronald Reagens Politik ausgezeichnet zusammen: starke Rhetorik gegen die Sowjetunion, mehrmalige Lobeserhebung von Freiheit und Frieden, Betonung der Liebe und der Wichtigkeit der natürlichen Beziehung zwischen den Menschen; denen der geschlossene Brandenburger Tor, der Berliner Mauer nicht im Weg stehen kann.
Otto von Habsburg beschäftigte sich mit dem Gedanken der Wiedervereinigung in vielen Artikeln und Studien, die er im Prozess der Wende für essenziell hielt. Dies zeigt sich auch daran, dass er bei der Organisierung des Paneuropäischen Picknicks so schützend aufgetreten ist. Das Picknick war der eindeutige Auftakt des Prozesses zu der Deutschen Einheit, wodurch zahlreiche ostdeutsche Bürger nach Österreich kamen. Es bedeutete ihm auch die Wiedervereinigung Europas, also es war fast schicksalhaft, dass während der Mauerfall am 9. November 1989 Otto gerade an der Sitzung der Paneuropa-Union in Berlin teilnahm. Die folgenden 2-4 Verhandlungen zwischen den Vertreter der zwei Deutschlanden und den Alliierten im nächsten Jahr ermöglichten, dass die Deutsche Demokratische Republik in dem Bundesrepublik Deutschland aufging, und dass das vereinigte Deutschland sowohl der Europäischen Union als auch dem NATO beitrat.
In der Wendezeit 1989-1990, als das „annus mirabilis“ (also, dass die Wende im Jahre 1989 selbst ein Wunder war) so beliebtes Thema bei den Publizisten war, schrieb Otto von Habsburg einen Artikel mit dem Titel „Danke an Reagen“ in die Zeitung Magyarság. Der Artikel stellte ausgezeichnet dar, was für ein echter Realpolitiker er war. „Ziemlich bedauerlich,“ – schrieb er – „dass sich quasi niemand an den Man heutzutage erinnert, dem wir die wichtigen Ereignisse des Jahres 1989 danken können.“ Dann setzt er fort: „Wir, die Verständnis für die historischen Fakten haben, müssen erkennen: ohne die achtjährige Regierung von Ronald Reagen im Weißen Haus in Washington wäre der heutige Sieg der Freiheit unvorstellbar.“
Otto zitierte das Bonmot von Helmut Kohl gerne, laut dessen die Erde unter dem Brandenburger Tor ungarische Erde ist. Darüber gibt es aber keine Information, inwiefern Otto über seine Wirkung auf die Philosophie des Heritage Foundations – das Präsident Reagens Politik führte – im Klaren war. Allerdings erkannte keiner früher, dass es keine Chance gibt, dass das kommunistische Regime langfristig funktionieren kann.
Gergely Prőhle