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Europatag

Bei der gemeinsamen Konferenz zum Europatag mit dem Institut für strategische Studien der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst am 8. Mai waren sogar die Emporen voll besetzt.

Europatag

Bei der gemeinsamen Konferenz zum Europatag mit dem Institut für strategische Studien der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst am 8. Mai waren sogar die Emporen voll besetzt.

GERGELY PRŐHLE, Direktor unserer Stiftung und des Instituts für Strategische Studien der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst, begrüßte das Publikum. Die Themenwahl der Konferenz begründete er mit einem Zitat aus Otto von Habsburgs Buch „Damals begann unsere Zukunft“: „Nur wenn wir klarsehen, wenn wir den zurückgelegten Weg kennen, können wir uns auf das konzentrieren, was vor uns liegt und worauf wir vorbereitet sein müssen. Nichts ist unverantwortlicher, als von historischen Ereignissen überrascht zu werden. Das biblische Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen lässt sich auch auf das Leben bestimmter Völker und Nationen anwenden. Ein reicher Erfahrungsschatz steht zur Verfügung, der uns helfen kann, die richtige Europapolitik zu entwickeln, und der mit der richtigen Kreativität genutzt werden kann, wenn wir versuchen herauszufinden, was auf uns zukommt„. Er bezeichnete es als schicksalhaft, dass die Konferenz vom Széchenyi-Saal in die Szent László-Kapelle verlegt werden musste, da so viele Interessenten an der Veranstaltung teilnehmen wollten. Im Zusammenhang damit erinnerte er daran, dass die Idee der Vereinheitlichung der Union ihre Wurzeln im Christentum hat und von heiligen Symbolen begleitet wird: Der Vertrag von Rom wurde im Schatten einer altchristlichen Basilika am Fuße des Kapitols unterzeichnet, der Vertrag von Lissabon wurde im Hieronymuskloster unterzeichnet, und die himmelblaue Flagge mit den zwölf Sternen ist ein Attribut der Jungfrau Maria in der christlichen Ikonographie.

In seiner Begrüßungsrede brachte GERGELY DELI, Rektor der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst, den Stolz der Institution auf ihr breites Angebot an EU-Studien und ihr Netzwerk von 42 europäischen Universitäten zum Ausdruck, die den Studierenden eine umfassende Unterstützung beim Anfang ihrer Karriere im öffentlichen Dienst bieten.

„Europa wird christlich sein – oder es wird nicht sein.“ – zitierte JUDIT VARGA den Gedanken von Robert Schuman. Die ungarische Justizministerin betonte die Überzeugung der Regierung zu den christlichen Werten und bezeichnete die ungarische EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2024 als eine unverzichtbare Gelegenheit, die Ergebnisse der Sozialpolitik der letzten Jahre als eine lebenswerte Alternative für die Nationen der EU zu präsentieren. Sie sagte, dass die Verträge, auf denen sich die europäische Integration beruht, sich auf dem Konsensprinzip beruhen und nicht auf dem Zwang zur Anpassung. Die Erfahrungen aus 20 Jahren EU-Mitgliedschaft im nächsten Jahr werden uns wertvolle Erkenntnisse liefern – auch diese müssen wir mit der Gemeinschaft teilen. Die Ministerin freut sich über das Tempo der Vorbereitungen, in denen sie eine wichtige Rolle für die neue Generation sieht. Eine Generation, die in einem EU-Mitgliedstaat aufgewachsen ist, der wir zuhören und mit der wir einen Dialog führen müssen; und deren Beste schon im vierten Jahr an einem gemeinsamen Karriereprogramm der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst und des Justizministeriums namens „Europa der Nationen“ teilnehmen können. Ausgestattet mit der ungarischen Begabung und Kreativität können wir das europäische Ideal der „Einheit in der Vielfalt“ vorantreiben, indem wir uns unsere Identität vertreten.

Das Exposee von JÁNOS MARTONYI, ehemaliger Außenminister, hat bewusst das Ziel gesetzt, Fragen zu stellen: Seine interessanten historischen, rechtlichen und politischen Sätze, zeigten die Grundprinzipien der Integration, die Ursachen, das Wesen, die Folgen deren Entstehung, Entwicklung und Krisenphänomene auf und er bot den eingeladenen Referenten die Möglichkeit an, sich im Zusammenhang mit den Gesagten frei zu äußern.

Die sich an den Hauptvortrag anschließende Podiumsdiskussion war von den unterschiedlichen politischen Auffassungen und wissenschaftlichen Interessen der Referenten geprägt: Juristen, Ökonomen, Politikwissenschaftler und Historiker, die kürzere oder längere Zeiträume im öffentlichen Leben verbracht haben und auch eine beachtliche akademische Laufbahn hinter sich haben. Auf eine Frage von BOGLÁRKA KOLLER, stellvertretende internationale Rektorin der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst, zur Integration der mitteleuropäischen Region, antwortete ISTVÁN HILLER mithilfe einer historischen Perspektive: Was nach 1990 geschah, war nur die Wiederherstellung der natürlichen Ordnung; die geistige Identität, die Übereinstimmung der Identitäten, die sich in der frühen Neuzeit als Respublica Christiana entstand und die von einer humanistischen Mentalität und Verhaltenskultur geprägt ist, verband die west- und mitteleuropäischen Regionen über Jahrhunderte hinweg untrennbar miteinander. Die Politik hat die Pflicht, diesem Ethos zu dienen, denn sie führt zur Integration. TIBOR NAVRACSICS, Minister für regionale Entwicklung und die Verwendung von EU-Mitteln, erinnerte daran, dass die meisten westlichen Nationen den Beitritt der mitteleuropäischen Länder als eine Herausforderung für ihre Komfortzone betrachten. Sie können sich jedoch die Arbeit der Verständigung nicht ersparen, da die Zukunft der Integration davon abhängt. ISTVÁN MUSTÓ wies auf weltpolitische Prozesse hin, die hinter der aktuellen Situation stehen. Der ehemalige Abgeordnete des ungarischen Parlaments nach der Wende, der nach langer Emigration in den Westen zurückkehrte, sagte, dass die Vereinigten Staaten seit 1990 von einem verlässlichen Verbündeten zu einem unzuverlässigen Hegemonen geworden sind und obwohl die Sowjetunion aufgelöst wurde, besteht die östliche imperiale Bedrohung in neuer Form weiterhin. Darüber hinaus verändert das Auftauchen Chinas auf der internationalen politischen Bühne die Machtverhältnisse auf globaler Ebene grundlegend.

Was Europa betrifft, ist Mustó der Ansicht, dass die laufende Erweiterung in gewisser Weise die Integration schwächt; da die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Trennungslinien zwischen den Ländern und Regionen mit dem Fortschreiten des Prozesses immer tiefer werden. Auf die Frage nach den Auswirkungen des russisch-ukrainischen Krieges auf die europäische Integration antwortete der Historiker, dass der Konflikt so schnell wie möglich beendet werden muss, aber das Ordnungsprinzip darf nur das pax optima rerum (Frieden ist das höchste Gut) sein – andernfalls wird man bald mit ähnlichen Folgen konfrontiert sein, wie bei den ,,schnöden” Pariser Verträgen, die den Ersten Weltkrieg beendeten. Navracsics sieht die Garantie für einen dauerhaften Frieden in dem System, das um den Frieden selbst herum organisiert ist. Die Geschichte der Europäischen Union ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte eines Friedensprojekts, in der die Erweiterung ein wesentliches Element ist – wie die Bewältigung der Krise in Südslawien zeigt und wie es für den postsowjetischen Raum vorausgesagt werden könnte. All dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die Union selbst.

Welchen Ausweg aus der aktuellen Krise sehen die Gesprächsteilnehmer? Nach Ansicht von István Hiller gehört alles, was Europa in den letzten 500 Jahren zu Wohlstand und Hegemonie verholfen hat, der Vergangenheit an, und die Welt scheint zu dem früheren Trend zurückzukehren, bei dem der Osten erneut der Motor des Wandels sein wird. Man braucht keine einzelne spektakuläre Entscheidung, sondern sorgfältig geplante und durchgeführte Prozesse und konzertierte und gemeinsame Arbeit, um die mangelnden Erfolge der vergangenen Jahre zurückzubringen. Um die Lehren daraus zu ziehen, muss man auch in der Lage sein, sich solchen negativen Aspekten gegenüberzustehen, wie dem Brexit.

Man erlebt die schmerzhaften Jahre der Bildung eines neuen Systems, sagte Navracsics, und um den Prozess zu bewerten, muss man abwarten und sehen, wie er sich entwickelt. Der Politiker erklärte, dass das größte Problem beim derzeitigen Stand der Integration auf dem Kontinent das Demokratiedefizit ist, da den meisten Entscheidungen der EU-Institutionen die Legitimität der politischen Gemeinschaft – des europäischen Demos – fehlt.

Der Vortrag von ALINE SIERP befasste sich mit dem Einfluss historischer Erfahrungen auf die Einstellung zur Integration. Die Professorin der Universität Maastricht fasste zusammen, wie sich die EU von der symbolischen Politisierung in den 1950er Jahren über die Schaffung einer teleologischen Erzählung in den 1970er Jahren zu einem faktenorientierten Ansatz nach dem Ende des Kalten Krieges entwickelt hat, der sowohl die Fähigkeit zur Auseinandersetzung mit dem Holocaust als auch mit den totalitären Regimen dieses Jahrhunderts beinhaltet. Laut Sierp hat sich seitdem die Einstellung von Koselleck durchgesetzt, die die Legitimität des kollektiven Gedächtnisses in Frage stellt und stattdessen von kollektiven Bedingungen des Gedächtnisses (collective conditions of memory) spricht.

DIETER SCHLENKER, Direktor des Historischen Archivs der Europäischen Union, sprach über die Rolle des Archivs in Florenz in den Verwaltungs- und Entscheidungsmechanismen der EU-Institutionen und darüber, wie es die wissenschaftliche Forschung unterstützt und das kollektive Gedächtnis der europäischen Bürger prägt.

Zum Abschluss der Konferenz gab HELMUT WOHNOUT, Generaldirektor des österreichischen Staatsarchivs, einen Überblick über den ein halbes Jahrhundert dauernden Weg seines Landes zur EU-Integration. Er betonte den Inhalt der im Staatsvertrag verankerten Neutralität und die Vereinbarung über die Minderheitenpolitik für die deutschsprachige Bevölkerung Südtirols, die zu einer beispielhaften Lösung des jahrzehntelangen Konflikts führte.

Im Laufe des Tages hörte das Publikum hervorragende Vorträge an, die zu einer umfassenden Verständigung der politischen, sozialen und religiösen Situation unserer Zeit beitragen.

Wir freuen uns auf einen Gedankenaustausch ähnlicher Qualität bei unserer Konferenz am 26. Mai, zu Ehren des 100. Geburtstags von Henry A. Kissinger.

Wir danken unseren Referenten und Gästen für ihre Teilnahme!

 

Geschrieben von Ferenc Vasbányai
Fotos von Katinka Halápi (Nationale Universität Für den öffentlichen Dienst)