Die Ausstellung wurde am 30. März im Stadtmuseum Gerlingen, dem Museum der Deutschen aus Ungarn, mit großem Interesse eröffnet. Bürgermeister Stefan Altenberger begrüßte das Publikum, gefolgt von Reden der Direktorin der Einrichtung, Birgit Knolmayer, und dem Präsidenten der Bundeslandsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, Joschi Ament.
Bernd Posselt, ehemaliger Kollege von Otto von Habsburg und ehemaliger Europaabgeordneter, Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, skizzierte das außergewöhnliche Leben des ehemaligen Thronfolgers in sechs Etappen, angereichert mit einer Fülle von Details, die nur er kannte. In seinem „ersten Leben“ war er Kronprinz einer Großmacht, die sich seit seinem zweiten Lebensjahr im Krieg befand. Dann kam eine völlige Wende, als er seine Heimat verlassen musste und zum Flüchtling wurde. Sein „zweites Leben“ endete mit seiner Volljährigkeit im Jahr 1930, als seine Mutter ihm die Familie anvertraute. In der dritten Phase wurde er als Monarch im Exil und aufstrebender Demokrat dargestellt, der sich entschieden gegen Hitler stellte, was ihn dann zur Flucht zwang. Sein viertes Leben begann somit in den Vereinigten Staaten, wo er ein umfangreiches Netzwerk von Kontakten aufbaute und wertvolle Bekanntschaften machte. 1973 wurde er Präsident der Paneuropa-Union. Posselt berichtete, wie er Otto von Habsburg 1975 bei einer Veranstaltung der Paneuropa-Union kennenlernte: „Ich war ein großer Fan von ihm und sagte ihm, dass ich der Jugendorganisation der Paneuropa-Union beitreten wolle.“ Otto von Habsburg erwiderte, dass es keine Jugendorganisation gebe. „Aber du solltest eine gründen“, riet er, und der junge Posselt tat genau das. Die Persönlichkeit Otto von Habsburgs als Europaabgeordneter in seinem „fünften Leben“ veranschaulichte er mit einer Geschichte: Bei einer Sitzung teilte ihm ein Abgeordneter der Europäischen Volkspartei mit, dass die EVP beschlossen habe, nicht mit dem linksradikalen Europaabgeordneten Marco Panella zu sprechen. Otto von Habsburg suchte daraufhin sofort das Gespräch mit Panella, denn er ließ sich nicht vorschreiben, was er tun darf. Schließlich, in der sechsten Lebensphase bis zu seinem Tod blieb er aufmerksam gegenüber politischen Entwicklungen
und hielt sich über aktuelle Ereignisse auf dem Laufenden. Laut Posselt hatte Otto von Habsburg keine parteipolitischen Vorurteile, setzte er sich aber immer unerbittlich gegen extremistische Ideen ein. „Er war ein leidenschaftlicher Demokrat, der jede Form von Nationalismus ablehnte“, schloss Posselt.
Auch Rainer Wieland, ehemaliger Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzender der Verbands Region Stuttgart, berichtete auch von seinen Begegnungen mit Otto. In den Fraktionen, so Wieland, werde man sich normalerweise mit dem Vornamen ansprechen, insbesondere in den eigenen Parteigruppierungen. Bei Otto von Habsburg, der einen besonders natürlichen Charme besaß, habe er jedoch die respektvolle Anrede „Kollege“ beibehalten. Wieland erinnerte sich auch daran, Otto zum in Gerlingen eingeladen zu haben, und nachdem er zweimal eine Absage erhalten hatte, drückte er im Korridor des EP seine Enttäuschung darüber aus, dass Otto nicht teilnehmen könne. „Ich tanze nicht“, erklärte Otto von Habsburg. Wieland versicherte ihm, dass es sich bei der Veranstaltung nur dem Namen nach um einen Ball handele. Daraufhin erwiderte Otto: „Dann komme ich eben!“ Der Redner beschrieb seinen ehemaligen Kollegen als engagierten Europäer, dem es nicht an innovativem Enthusiasmus mangelte und der selbst im hohen Alter bereit war, sich auf Neuerungen einzulassen.
Im Namen des Liszt-Instituts betonte Dezső B. Szabó, wie offen der ehemalige Thronfolger gegenüber der jüngeren Generation war, indem er ihnen sein Vertrauen schenkte und sie stets ermutigte, bei der Bewältigung der anstehenden Probleme in Europa auf den Lehren der Geschichte aufzubauen. Er wies auf Otto von Habsburgs Überzeugung hin, dass nationale Interessen und europäische Integration keinen Widerspruch darstellen, sondern dass nur die richtige Kombination aus beidem den Erfolg des Kontinents garantieren könne.
Die Veranstaltung wurde von einem Lehrer der örtlichen Musikschule mit Klavierwerken von Liszt untermalt. Zu den Gästen zählten mehrere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter Andreas Schütze, Staatssekretär im Landesinnenministerium, Konrad Epple, Mitglied des Landtags, Andreas Raab, Vizepräsident der Paneuropaunion Deutschland, sowie die ehemaligen Bürgermeister Georg Brenner und Helmuth Seiler.
Die Ausstellung ist bis zum 1. Juni im Stadtmuseum Gerlingen zu sehen. Die Begleitveranstaltungen sind im untenstehenden Flyer beschrieben. Nach der Finissage wird die Ausstellung an weiteren Orten in Süddeutschland gezeigt.
1Flyer OvH_Freigabe