Die Otto-von-Habsburg-Stiftung und das Liszt-Institut Ungarisches Kulturzentrum eröffneten ihre gemeinsame Veranstaltung mit einem Rundtischgespräch, bei der die Gäste von Andor Ferenc Dávid, dem Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter von Ungarn, begrüßt wurden. Wie er sagte, wird die Dynastie, die in der Geschichte unserer Länder eine entscheidende Rolle gespielt hat, hundert Jahre später anders beurteilt. Wir sind uns jedoch einig, dass die Familie, die europäische Integration, die demokratischen Werte und das Christentum – die Ideale, für die sich Otto von Habsburg zeitlebens engagierte – bleiben auch im 21. Jahrhundert eine gemeinsame Basis für uns.
Lojze Peterle, ehemaliger Ministerpräsident und Außenminister Sloweniens und Mitglied des Europäischen Parlaments, teilte seine Erinnerungen an Otto von Habsburg dem Publikum mit. (Seine vollständige Rede wird in Kürze verfügbar sein.) Gergely Prőhle, Direktor unserer Stiftung, betonte die Verantwortung, die die Nationen des heutigen Europas – insbesondere Mitteleuropas, einschließlich der ehemaligen Monarchie – gegenüber dem Erbe des letzten Thronfolgers tragen, da seine Gedanken nicht nur von historischem Wert sind, sondern auch für die Gegenwart eine sehr relevante und bedeutsame Botschaft haben.
Die Diskussion wurde von der Historikerin Petra Svoljšak (Akademie der Wissenschaften und Künste Sloweniens, Milko Kos Institut für Geschichte) moderiert. Auf ihre Bitte hin bewerteten die Teilnehmer das wechselnde Image der Habsburger in den Epochen seit 1918. Helmut Wohnout, Generaldirektor des Österreichischen Nationalarchivs, sprach zunächst über die Einstellung der Österreicher. Er erinnerte daran, dass die Sozialdemokraten Otto von Habsburg zweifelsohne abgelehnt haben. Vom frühen Tod seines Vaters über seine versuchte Rückkehr am Ende des Zweiten Weltkriegs bis hin zur lange blockierten Verleihung der Staatsbürgerschaft dauerte ihre Ablehnung bis 1972, als der denkwürdige Handschlag zwischen dem ehemaligen Thronfolger und Bundeskanzler Kreisky stattfand. Auch die nationalsozialistische Bewegung definierte sich als Anti-Habsburger, was sich darin zeigte, dass der Anschluss des Landes an das Dritte Reich in Berlin als ,,Sonderfall Otto“ bezeichnet wurde.
Gergely Prőhle verwies auf den Otto-Kultus der 1920er und 1930er Jahre, die sich in der gesamten ungarischen Geschichte, sogar auch nach der Wende zeigt. Als alternativen Ansatz zum Image der Habsburger der 1988-90er Jahre schlug er vor, dass die wachsende Aufmerksamkeit, die der Ära des Dualismus gewidmet wurde, nicht zufällig war: die reformkommunistische Erinnerungspolitik versuchte, die öffentliche Aufmerksamkeit von der radikaleren Kritik am System abzulenken, indem sie diese harmlosere Tradition stillschweigend tolerierte. Dennoch erwies sich der Erfolg der Filme über Otto von Habsburg als symptomatisch.
Von slowenischer Seite sagte Andrej Rahten (Universität Maribor, STMA), ehemaliger Botschafter Sloweniens in Wien, dass das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen die sporadischen Legitimationsmanifestationen nur deshalb sanktioniert habe, weil es die Frage als internationale Angelegenheit behandelte. Erst in den 1980er Jahren ließen der Widerstand und die Zurückhaltung nach und erreichten Anfang der 1990er Jahre das Stadium der Sympathie für Otto. Dieser Prozess ist in den Presseberichterstattungen über die Vergangenheit und die Dynastie deutlich sichtbar. Der Historiker, dessen Forschungen zu diesem Thema kürzlich veröffentlicht wurden (V prah strti prestol. Slovensko dojemanje habsburške dynasties v postimperialni dobi. Celje, 2023. [Der Thron bröckelt. Die slowenische Wahrnehmung der Dynastie Habsburg in der nachkaiserlichen Zeit]) erinnert: Otto von Habsburg besuchte Ljubljana während des Südslawischen Krieges und hielt eine Rede vor dem Parlament des neu entstandenen Staates. Mit seiner Geste appellierte er an die Idee eines gemeinsamen Europas, und seine freundliche Persönlichkeit hatte einen spürbaren Einfluss auf die Wahrnehmung der ehemaligen Dynastie. ,,Obwohl er nicht zu den Gründungsvätern der Europäischen Union gehörte, war er der Gründervater des vereinten Europas“, schloss Professor Rahten seine Rede ab.
Nach der Diskussion besuchten zahlreiche Besucher die Roll-Up-Ausstellung und genossen die Gastfreundschaft des Instituts.
Am nächsten Tag besuchten die Mitglieder unserer Stiftung auf ihrem Heimweg die Heimatstadt von Professor Rahten, Celje. In der drittbevölkerungsreichsten Stadt Sloweniens, dem ehemaligen Sitz der aus der ungarischen Geschichte bekannten Familie Cille, wurden sie vom Bürgermeister und den Verantwortlichen der Stadtverwaltung empfangen. Nach einem geselligen Treffen trugen sich Helmut Wohnout und Gergely Prőhle in das ,,Goldene Buch“ der Stadt ein und wir besichtigten anschließend die Sehenswürdigkeiten von Celje. Unsere Stiftung plant, die Ausstellung mit dem Titel ,,Lebensweg und Erbe“ im Frühjahr 2024 auch hier zu eröffnen.