Nachrichten


Lieber Otto von Habsburg! – Kinderbriefe an Otto von Habsburg

,,Die Anrede hängt davon ab, wie man mich anreden möchte. Ich habe schon so viel durchgemacht, dass es nicht so wichtig für mich ist. Ich habe viele Tituli, aber jetzt benutzte ich sie nicht, da ich etwas Anderes zu tun habe“ – schrieb Otto von Habsburg in einem seiner Antwortbriefen am 29. April 1996. Er hat auf die Fragen eines 16-jährigen Gymnasiasten geantwortet. Der Briefwechsel wurde dann im Rahmen eines Interviews in der lokalen Zeitung des Gymnasiums veröffentlicht.

Lieber Otto von Habsburg! – Kinderbriefe an Otto von Habsburg

,,Die Anrede hängt davon ab, wie man mich anreden möchte. Ich habe schon so viel durchgemacht, dass es nicht so wichtig für mich ist. Ich habe viele Tituli, aber jetzt benutzte ich sie nicht, da ich etwas Anderes zu tun habe“ – schrieb Otto von Habsburg in einem seiner Antwortbriefen am 29. April 1996. Er hat auf die Fragen eines 16-jährigen Gymnasiasten geantwortet. Der Briefwechsel wurde dann im Rahmen eines Interviews in der lokalen Zeitung des Gymnasiums veröffentlicht.

Unser Namensgeber hatte Briefpartner aus verschiedenen sozialen Schichten: bekannte Politiker und Staatsmänner, aber auch alltägliche Menschen wendeten sich an ihn, sogar Kinder. Da Otto von Habsburg selbst in einer Großfamilie aufgewachsen ist und sieben Kinder hatte, reagierte er auf diese – manchmal von Kindern geschriebene – Briefe mit entsprechender Aufmerksamkeit.

Anlässlich des Kindertages haben wir solche Briefe ausgewählt, die von der jüngeren Generation geschrieben wurden. Die Kinderbriefe sind eine angenehme Ausnahme in dem Briefwechsel des Sekretariats, besonders diejenige, die handgeschrieben wurden und auch Zeichnungen enthalten. Die Absender bitten meistens um ein Foto oder um ein Autogramm von dem von ihnen so sehr geschätzten Thronfolger.

Die Briefe wurden aus verschiedenen Gründen geschrieben. Sie berufen sich öfters auf Kaiserin Elisabeth und auf die Sissi-Trilogie von Ernst Marischka, die regelmäßig von verschiedenen Fernsehkanälen gestrahlt wurde. Die Briefe erwähnen aber nicht nur den Film, sondern auch die Bücher über die Regentenfamilie. Ein 12-jähriges Mädchen aus Klagenfurt schrieb in ihrem Brief an Otto im Jahre 1987, dass sie bereits alle Bücher im Zusammenhang mit Elisabeth gelesen hatte. Neben den äußeren Faktoren spielten aber natürlich die Familie und die engere-weitere Umgebung der Kinder eine große Rolle. Die kleineren Kinder haben die Briefe selbstverständlich mithilfe von Erwachsenen geschrieben.

Im Jahr 2007 schrieb ein siebenjähriger Junge aus Taunusstein, Deutschland, dass er den Brief fast allein und mit wenig Hilfe seines Lehrers verfasst hatte. Der Zweitklässler betonte Ottos friedliebende Art, von der auch seine Mutter zu Hause sprach. In seiner Botschaft bat er um eine Unterschrift zu Weihnachten, die er auf seinen Schreibtisch zu legen und immer vor dem Schlafengehen anzuschauen versprach.

Besonders interessant ist der Briefwechsel zwischen Otto von Habsburg und der achtköpfigen schwedischen Pfadfindergruppe Heilige Brigitte vor 30 Jahren. Die Jugendlichen haben den Brief im Oktober 1992 aus der bayerischen Siedlung Alsmoss geschickt, dessen Thema die europäische Politik war – wichtiges Element im Ottos Lebenswerk. Die Teenager haben die Aufgabe im Rahmen eines Wettbewerbes über die Zukunft Europas bekommen, einen Briefwechsel mit einem Abgeordneten in eiem europäischen Institut zu initiieren. Die Gruppe wendete sich an Otto von Habsburg und stellte ihm sechs Fragen, worauf sie den Antwortbrief bald erhielten. Der Abgeordnete antwortete auf die Fragen im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen und kulturellen Leben punktweise. Otto von Habsburg zitierte auch Sir Tom Normanton – ehemaliger Abgeordnete im englischen Unterhaus, später europäischer Politiker – in seinem Brief, als er darauf antwortete, was für einen Einfluss er als Abgeordneter im Europäischen Parlament auf die europäische Politik hat:

,,Als ich im Unterhaus arbeitete, hatte ich unbeschränkte Befugnisse, aber einen kleinen Einfluss. Seitdem ich als Abgeordneter im Europäischen Parlament tätig bin, habe ich kleine Verantwortung, aber großen Einfluss.“

Der Brief von der 5. Klasse aus der bayerischen Stadt Waldkraiburg entstand auch vor 30 Jahren. Die Kinder haben ihren europäischen Abgeordneten um Hilfe gebeten, um den Hausrotschwanz und das Rotkelchen zu beschützen. Sie haben nämlich über eine neue Regelung in der Zeitung gelesen, laut deren das Jagd auf Singvögel wieder erlaubt war.

Auch die obengenannten Beispiele zeigen, wie verschiedene Fragen an Otto von Habsburg gestellt wurden. Obwohl er immer viel zu tun hatte, in den meisten Fällen schrieb Otto von Habsburg selbst die Antwortbriefe an die Jugendliche – und zwar in seinem typischen, präzisen Stil. Er hat sich für die Aufmerksamkeit für seine Familie und für seine Persönlichkeit immer bedankt, und seine Antworten enthielten meistens auch einige belehrende Gedanken. An das 14-jährige Mädchen, das sich für die Geschichte interessierte, schrieb er zum Beispiel, dass die Geschichte der beste Lehrmeister der Politik und das feste Fundament in diesen wechselhaften Zeiten ist. Er freute sich immer darüber, wenn sich die Kinder für die Geschichte interessierten, besonders wenn sie sich für die europäische Politik engagierten – wofür er sein ganzes Leben lang arbeitete. Der ehemalige Thronfolger zeigte sich offen für die Jugendliche bis ins hohe Alter, und hat damit auch ausgedrückt, wie wichtig er die Rolle der Jugendliche in der Gestaltung ihrer eigenen Zukunft fand.

Impressum des Schriftguts: HOAL-I-2-b. (Schriftgutorganisation noch nicht beendet.)

 

Eszter Gaálné Barcs