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Vor 70 Jahren: Hochzeit nach Habsburger Art

Am 10. Mai 1951 verehelichten sich Otto von Habsburg und Regina von Sachsen-Meiningen in der französischen Stadt, Nancy. Die sorgfältig vorbereitete und dokumentierte Veranstaltung, an der mehrere Tausende aus den Ländern der ehemaligen Österreichisch-Ungarischen Monarchie teilnahmen, war des historischen und gesellschaftlichen Status des letzten ungarischen Thronfolgers als Haupt des Hauses Habsburg würdig.

Vor 70 Jahren: Hochzeit nach Habsburger Art

Am 10. Mai 1951 verehelichten sich Otto von Habsburg und Regina von Sachsen-Meiningen in der französischen Stadt, Nancy. Die sorgfältig vorbereitete und dokumentierte Veranstaltung, an der mehrere Tausende aus den Ländern der ehemaligen Österreichisch-Ungarischen Monarchie teilnahmen, war des historischen und gesellschaftlichen Status des letzten ungarischen Thronfolgers als Haupt des Hauses Habsburg würdig.

Begegnung

Die Hoffnung auf Otto von Habsburgs Rückkehr nach Ungarn löste sich schnell in die Luft auf, nachdem das Habsburgergesetz im Jahre 1945 in Kraft getreten war. Da die ungarische Regierung, die unter sowjetischer Aussicht stand, den Erzherzog nicht empfangen wollte, bekam er am Ende mithilfe eines Freundes von dem Fürsten von Monaco einen Pass – so konnte er am Ende der 40er wenigstens reisen. Im Jahre 1948 machte er eine Weltreise mit seinem Bruder, Robert. Dank seinen politischen Vorträgen wurde er weltweit bekannt, und verschaffte eine finanzielle Stabilität – dies bedeutete dem Mann Ende 30 die existentiale Sicherheit, die für die Familiengründung nötig war.

Seine Mutter, Königin Zita, – um seine Entscheidung zu erleichtern – fertigte ihm eine Liste relevanter Heiratskandidatinnen an, die seinem Alter und Rang entsprachen. Otto war mit diesem Hinweis in seiner Tasche in der Welt unterwegs, und dachte schon über die Verehelichung nach. Der ehemalige Außenminister der Lakatos-Regierung, Gusztáv Hennyey bat ihn um Hilfe in Paris – als Dolmetscher für die ungarische Emigranten in dem deutschen Flüchtlingslager auszuhelfen. Otto nahm die Aufforderung an, und fuhr im Sommer 1950 nach Deutschland.

Regina von Sachsen-Meiningen kam im Jahre 1925 in Würzburg zur Welt, als Herzog Georg von Sachsen-Meiningens und Klara-Marie Gräfin von Korfs Tochter. Trotz ihrer Jugend hat Regina einiges erlebt und erlitten: als Nachkommen der Regenten des Herzogtums Sachsen-Meiningen, das sich im infolge des Kalten Krieges unter sowjetischer Aufsicht stehenden Bundesland Thüringen befindet, wurde ihr und ihrer Familie ihr ganzes Vermögen entzogen; ihr Vater wurde im Jahre 1945 in einen sowjetischen Gefangenenlager verschleppt und kehrte nie mehr zurück; ihr Bruder fiel im Jahre 1945 an der Westfront; mit ihrer Mutter flohen sie nach dem Krieg nach Westdeutschland.

Im Jahre 1949 fing sie an in einem für Ungarn aufgestellte Flüchtlingslager als Sozialfürsorgerin zu arbeiten, aber ohne ungarische Sprachkenntnisse hatte sie viele Verständigungsprobleme. Im Sommer 1950 versuchte sie auch gerade mit einem ungarischen Flüchtling zu kommunizieren, als ein sympathischer, junger Mann mit dunklen Haaren ihr zu Hilfe kam. So begegnete Otto von Habsburg Prinzessin Regina von Sachsen-Meiningen [1], obwohl sie nicht mal auf der Liste seiner Mutter stand…

Nach ihrer Begegnung – laut Ottos späterer Erzählungen – „passierte alles sehr schnell“. Ottos Absicht und die Echtheit seiner Gefühle zeigen sich daran, dass sich Otto und Regina in sehr knapper Zeit auffallend häufig trafen. Sogar zu Konzerten ging er mit ihr, obwohl er sicher nicht als ausgesprochener Musikliebhaber bezeichnet werden konnte.

Sechs Monaten später, am Weihnachten wurden sie schon verlobt, die Hochzeit wurde dann nächstes Jahr am 10. Mai in der französischen Stadt, Nancy, veranstaltet.

 

Die Hochzeit

Die Zeremonie entsprach der monarchischen Pracht bis zum kleinsten Detail, obwohl es nur eine symbolische Bedeutung hatte, da ihr Rang und ihr Vermögen den beiden entzogen wurden, und sie weit weg von ihrem Heimatland lebten. Im Jahre 1951 hatte die Habsburg-Dynastie schon kaum politischen Einfluss, doch aus den Ländern der ehemaligen Österreichisch-Ungarischen Monarchie kamen Tausende, um an Ottos und Reginas Verehelichung teilzunehmen.

Das Programm des großen Tages fing um 10 Uhr in dem Rathaus an. Die Fassade des Gebäudes war mit französischen und lothringischen Flaggen geschmückt, in dem Festsaal waren die Flaggen des Hauses Habsburgs und Sachen-Meiningens, und die französische Trikolore die historischen Augenzeugen der Trauung. Die standesamtliche Trauung wurde von dem Bürgermeister, Lionel Pélerine vollgezogen.

 

Was verraten die Hochzeitskleidungen?

Auch das Aussehen des jungen Paars war königlich, nicht nur wegen ihrer Kleidungen, sondern auch wegen der historischen Bedeutung deren Accessoires. Regina wählte ihr Brautkleid mit Otto zusammen in Paris aus, laut der Zeichnungen des französischen Designers, Jean Désses. Laut eines damaligen Presseberichts wurde den Satin, aus dem das Kleid angefertigt wurde, wegen seiner besonderen Größe, mit einem speziellen Webestuhl gemacht – Prinzessin Regina stand nämlich in einem Brautkleid mit einer sieben Meter langen und drei Meter breiten Schleppe vor dem Altar. Das nicht gerade alltägliche Kleidungstück wurde beim Einzug in die Kirche von drei Prinzessinnen und am Ende der Zeremonie von weiteren sechs Brautjungfern getragen.

Doch die Bekleidung der Braut war wegen der Accessoires besonders unvergesslich, da alle mit der Familie Habsburg eng zusammenhingen.

Der Hochzeitsschleier wurde noch im 18. Jahrhundert für die Tochter von Maria Theresia, Maria Christina, angefertigt, als sie den Kurfürst Albert von Sachsen-Teschen heiratete. Deshalb wurden die Wappen der beiden Familien auf den Spitzenschleier gestickt. Die Reliquie wurde von Ottos Onkel, Prinz Sixtus von Bourbon-Parma im Schloss Bost gefunden und der Prinzessin geschenkt. Reginas Diadem war ein Hochzeitsgeschenk von Königin Zita. Sie bekam es noch von Franz Josef, und trug an ihrem Hochzeitstag im Jahre 1911. Das besondere Schmuckstück war mit einer Reihe von fünf Diamantherzen geziert, die mit Spiralen und Blättern verbunden waren.

Die damalige Presse betonte die Brosche, mit dem das Kleid von Erzherzogin Regina geziert wurde, nicht gerade nachdrücklich. Auf einigen Fotos kann man aber sehen, dass die junge Braut das Zeichen des Sternkreuzordnens trug. Die Sternkreuzdamen dürfen nur verheiratete oder verwitwete altadelige Frauen sein, ihre Leiterin ist die sogenannte oberste Schutzfrau – bis 1951 Königin Zita selbst. Das Ordenzeichen wurde meistens an einem schwarzen Band getragen, aber es kam oft vor, dass es an einer mit Diamanten geschmückten Schleife, am Herzen getragen wurde. Königin Zita trug es auch so, und verlieht es Regina wahrscheinlich am Hochzeitstag, da ab 1951 sie die oberste Schutzfrau war.

Reginas Brautstrauß repräsentierte auch eine historische Reminiszenz, da dessen Myrtenblüten aus dem Schönbrunner Schlosspark nach Nancy geliefert wurden.

Otto von Habsburg trug traditionelle Kleidungen, einen schwarzen Frack und von seinen Ordenzeichen das Großkreuz des Ordens vom Goldenen Vlies, des Österreichisch-kaiserlichen Leopold-Ordens, des Königlich-ungarischen Sankt-Stephans-Ordens, des luxemburgischen Ordens vom Goldenen Löwen, und des spanischen Ordnens Karls I.

 

 

Als sie schon offiziell als Mann und Frau das Rathausgebäude verließen, wurde das bisher regnerische Wetter plötzlich sonnig, also das Ehepaar konnte in die Minoritenkirche „Les Cordeliers” beim strahlenden Sonnenschein spazieren. Der Hochzeitszug versuchte die Menschenmenge der Interessenten zu überqueren, und wurde manchmal von Fotografen gestoppt. Mehrere Tausende fuhren nach Nancy, unter anderem die Eliten des europäischen Adels, zum Beispiel der Großherzog von Sachsen-Weimar, die Herzogin von Sachsen-Meiningen, der Fürst von Luxemburg und Lichtenstein, die Fürsten und Prinzessinnen von dem Haus Bourbon, die Herzogen und Herzoginnen von Hohenberg. Das Ehepaar wurde mit den Rufen „Hoch!”, „Éljen!”, „Zivio!”, „Nazdar!” und „Vive les princes!” begrüßt.

Bei der Kirche trafen sie die mehr als zwanzig Kirchenleute, die auf sie warteten, zum Beispiel Marc-Armand Lallier [3], der Bischof von Nancy und der päpstliche Prälat, Mgr. József Zágon, der als offizielles Legat des Papstes die Messe zelebrierte. In seiner Predigt drückte er sein Mitgefühl bezüglich der traurigen Kindheiten der beiden Jugendlichen aus, würdigte ihre unerschütterliche Glaube, und betonte die viele Opfer, die von den beiden Familien für das Christentum gebracht wurden. Papst Pius XII. schickte auch seinen Segengruß:

Bald wird der Tag anbrechen (…) an dem Eure Kaiserliche und Königliche Hoheit die Prinzessin Regina von Sachsen-Meiningen ehelicht, Dieses frohe Ereignis wollen Wir nicht vorbeigehen lassen, ohne euch die Freude Unserer väterlichen Glückwünsche zu gewähren. Unsere Liebe zu Euch will es so und Eure kindliche Pietät verlangt danach. Daher beten Wir zum ewigen und liebevollen Gott, dass Ihr den Tugenden Eurer Vorfahren treu bleibt und dass Er Euch ein langes Leben gewähre in Frieden, reich an Arbeit und Verdiensten. Das wünschen wir und erflehen Wir für Dich aus ganzem Herzen und Wir gewähren Dir, lieber Sohn, für Dich, Deine hohe Gemahlin und Dein ganzes Haus Unseren Apostolischen Segen.

Am Ende der Messe erklangen die österreichische Kaiserhymne, die ungarische und die tschechische Hymne. Dann ging das Brautpaar zu der Altartreppe und kniet auf einem Brokatpolster, das von österreichischen Frauen angefertigt und mit österreichischer Erde gefüllt wurde, um den Segen zu empfangen. [4]

An die Trauung schließen sich Empfänge, dann fuhr das junge Paar nach Contrexeville, zur ersten Station ihrer Flitterwochen.

 

 

Dokumente über die Hochzeit in unserer Sammlung

Die Sammlung der Otto-von-Habsburg-Stiftung bewahrt zahlreiche Dokumente im Zusammenhang mit der Hochzeit: Zeitungsartikel, Briefe und Fotos. Viele Pressematerialen – zum Beispiel die Österreichische Nachrichten oder die Salzburger Nachrichten – enthalten Details über den Hochzeitszug und über andere interessante Themen bezüglich der Hochzeit. Unter anderem stellt es sich heraus, dass Otto von Habsburgs Geschwister auch wichtige Rolle in der Hochzeitsorganisation spielten: Robert nahm an der Vorbereitung aktiv teil, Prinzessin Adelheid richtete ein Zimmer in Paris ein, in dem sie sich mit den Gratulationsbriefen und mit der Organisierung der Hochzeitsgeschenke beschäftigte.

Das Material wurde von der Familie zusammengesammelt und in verschiedenen Mappen – Gratulationen, Briefe und Postkarten – in die Sammlung platziert.  Zum Beispiel gibt es eine spezielle Postkarte, die mit Edelweiß und mit anderen gepressten Blumen verziert ist, und sich bis zum heutigen Tag in gutem Zustand befindet. Auf die Briefe sind meistens die Antwortbriefe des jungen Paares in ungarischer, deutscher oder französischer Sprache angeheftet.

Die Hochzeitsgeschenke wurden getrennt organisiert, und es wurde immer aufgeschrieben, von wem sie die Geschenke bekamen. Auf diesen Listen sind zum Beispiel Kleidungsstücke, Weine, Zigarettenetuis; aus Ungarn ist eine Serviette mit Goldstickerei und eine mit Perlen verzierte Tasche gekommen. Ein teureres Geschenk war zum Beispiel das weiße Spitzenfächer, das früher zur Franz Josefs Tochter, Marie Valeria, gehörte und sie im Namen des österreichischen Volkes von einem Verehrer bekamen. Wenn man die Bemerkungen auf den Listen sorgfältig liest, stellt es sich heraus, dass das Paar zu den Dankbriefen autographierte Hochzeitsfotos auch beigefügte.

Der Thronfolger und die Prinzessin schlossen Ehe für das ganze Leben, ihr irdischer Ehebund endete mit Reginas Tod im Jahre 2010.

 

Zsófia Erdélyi

Beáta Merza

Anett Nacsa

 

 

[1]  Es ist interessant, und für die Verflechtung der aristokratischen Familien charakteristisch, dass Reginas Cousine, Maria Theresia Gräfin von Korff-Schmising-Kerssenbrock, war Ottos Erzieherin.

[2] Zu dieser Zeit war Nancy die Hauptstadt des Herzogtums Lothringen, das im Jahre 1738 infolge der Eheschließung von Maria Theresia und Herzog Franz Stephan zum Teil des Habsburger-Reiches wurde.

[3] Im Jahre 1941, als Leiter des Confians-Seminars in Paris, Bischof Marc-Armand Lallier beherbergte und verbarg Jean-Marie Lustiger – auf seinen Originalname Aron Lustiger, der damals 17-jährige polnische Junge jüdischer Herkunft –, der sich im Jahre 1940 in Orleans taufen ließ und zwischen 1981-2005 Erzbischof von Paris war.

[4] Trotz des Habsburgergesetzes kamen aus Österreich kamen die meisten – ca. 25 000 Menschen. Das Gesetz war der Grund, warum Otto und Regina nicht in der Basilika Mariazell, in dem wichtigsten Gnadenort der Habsburger heirateten. Schließlich feierten sie aber ihre Goldene Hochzeit dort. Obwohl die Hochzeit nicht in Mariazell veranstaltet wurde, die Kopie der Gnadenmutter von Mariazell wurde zu großer Freude des jungen Paars von Pater Beda Gábor – trotz der Empörung von Bundeskanzler Leopold Figl – zur Trauung nach Nancy geschafft. Nach einer damaligen Anekdote soll – als er von dem „Verschwinden“ der Gnadenmutter erfuhr – Bundeskanzler Leopold Figl den Pater empört angerufen und gefragt haben: – Pater Beda, wo ist die Gottesmutter? Beda antwortete folgenderweise: – Aber das wissen Sie doch, Herr Bundeskanzler. Die Muttergottes ist im Himmel! Darüber gibt es aber keine weiteren Informationen, wie der Kanzler reagierte.