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Letztes Portrait eines Legitimisten – József Cziráky

Das wahrscheinlich allerletzte Foto von József Cziráky ist mehr als 60 Jahre später, in dem von der Otto-von-Habsburg-Stiftung aufarbeiteten Schriftgutnachlass aufgetaucht.

Letztes Portrait eines Legitimisten – József Cziráky

Das wahrscheinlich allerletzte Foto von József Cziráky ist mehr als 60 Jahre später, in dem von der Otto-von-Habsburg-Stiftung aufarbeiteten Schriftgutnachlass aufgetaucht.

Zeremonie der Mitglieder des Ordens vom Goldenen Vlies, Steenokkerzeel, Belgien (1932)
von links nach rechts: Erzherzog Robert von Österreich-Este, Erzherzog Gottfried, Prinz Maximilian Hohenberg, Otto von Habsburg, Baron Erwein Gudenus, Graf József Cziráky, Graf József Károlyi, Graf, Graf Heinrich Degenfeld

 

Nachdem die Revolution und Freiheitskampf von 1956 niedergeschlagen wurden, wendeten sich viele emigrierte Ungarn an den letzten ungarischen Thronfolger. Otto von Habsburg war nicht nur über die Analyse der internationalen und ungarischen politischen Verhältnisse im Klaren, sondern erhielt auch zahlreiche Dokumentationen über individuellen Schicksalen. Er bekam Briefe sowohl von unbekannten an der Diktatur leidenden Personen als auch von alten Bekannten, die zum König und zu dem Königreich immer treu waren.

Ein besonderer Brief war zum Beispiel, der von Graf József Cziráky geschrieben wurde. Über sein Leben nach 1945 hat Otto von Habsburg schon bestimmt einiges von den emigrierten Aristokraten erfahren. Unsere Sammlung bewahrt zwei besondere Schätze bezüglich Cziráky: das insgeheim gemachte Portrait aus 1957, das durch die Grenze durchgesmuggelt wurde und von seinem Empfänger zuletzt in Übersee erhalten wurde, und den Brief von József Czirákys Frau, Ilona Andrássy, den sie im Mai 1962 schon an der freien Seite des Eisernen Vorhangs geschrieben hat. Das Schicksal dieser Dokumente zeigt den Glauben an den Legitimismus, die bestehenden Beziehungen und nicht zuletzt das ungebrochene Vertrauen zu dem Thronfolger deutlich.

József Cziráky (1883-1960) galt als einer der bekanntesten königstreuen Politiker in den Jahrzehnten zwischen den Weltkriegen. Seine Treue hat er mehrmals bewiesen: zum Beispiel im Jahre 1921, als der König zum zweiten Mal zurückzukehren versuchte, landete das Flugzeug von Karl IV. auf seinem Land in Dénesfa. Er gehörte zu dem engsten Vertrauenskreis der emigrierten Regentenfamilie, bei der Witwe und ihrer Kinder in der spanischen Lequito hat er ab und an als Sekretär gearbeitet, und er blieb weiterhin Vermögensverwalter der königlichen Immobilien in Ungarn.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden seine Länder kollektiviert. Zuerst wohnte er mit seiner Familie in den verbleibenden Zimmern seines Schlosses in Dénesfa, dann in einer Mietwohnung in Sopron. Später durfte er wieder im Dorf wohnen, in dem hinteren Teil eines Bauernhauses. Cziráky lebte in Dénesfa zurückgezogen, hatte wahrscheinlich bis 1956 kaum Besucher.

Graf József Cziráky
Szombathely (6. Juni 1957)

 

Das Foto, das Otto von Habsburg erhielt, wurde am 6. Juni 1957 in Szombathely gemacht. Die Aufnahme wurde von Graf Ferenc Erdődy in dem Zimmer von Pfarrer Alajos Szokoly gemacht. Warum die drei getroffen haben, ist nicht bekannt, aber ihre Anwesenheit in den Zeiten der Vergeltung nach der Revolution von 1956 war nicht gerade ungefährlich. Da Szokoly gegen die Kollektivierung der kirchlichen Schulen opponierte, wurde er im Jahre 1948 eingekerkert. Die zwei Aristokraten waren wegen ihrer Herkunft verdächtig und waren sogar Feinde in den Augen des kommunistischen Regimes.

Es ist nicht bekannt, wie das von Erdődy gemachte Portrait durch die Grenze schaffte, da es nur am 30. Januar 1959 wiederaufgetaucht ist. An diesem Tag schrieb der im Jahre 1949 nach New York emigrierte István Révay (der Schwager von Szokoly) einen Brief an Otto von Habsburg, zu den das Foto beigefügt wurde. Das Foto wurde zuletzt mithilfe von Karl Ludwig Habsburg-Lothringen (Otto von Habsburgs Bruder) bei dem Adressaten angekommen, der in seinem Antwortbrief die Vaterlandsliebe und die Loyalität des alten Grafes würdigte.

József Cziráky ist einundeinhalb Jahr später, am 10. August 1960 in Dénesfa gestorben. Über seine letzten Tage kann man mithilfe des anderen Briefes – den Otto von Habsburg erhielt – erfahren. Dieser wurde von seiner Witwe, Ilona Andrássy – schon aus der freien Welt, kaum 10 Km von der ungarischen Grenze entfernt, aus Kohfidisch – geschrieben. Der Brief vom 25. Mai 1962 ist einerseits wegen Graf Czirákys Treue zu dem König, andererseits wegen des Schicksals der Collane (Halskette) des Ordens vom Goldenen Vlies besonders interessant. Als Otto von Habsburg volljährig wurde, bekam er das Recht, über Neuaufnahmen zu entscheiden. So wurde József Cziráky im Jahre 1932 – als fünfte in seiner Familie – auch Ordensmitglied. Wegen der Entwicklung der kommunistischen Diktatur und wegen der Emigration der Ordensmitglieder musste man die Collane nach 1945 in Sicherheit bringen. An seinem Sterbebett gab der Graf die Halskette seiner Frau, damit sie sie später dem Thronfolger übermittelt.

Ilona Andrássy bekam ihren Reisepass einundeinhalb Jahr nach dem Tod ihres Mannes, dann verließ sie Ungarn. In ihrer Tasche konnte sie die Collane ins Ausland schleusen, später übergab sie die Halskette an einige vertraute königstreue Beauftragte von Otto von Habsburg in Wien. Ilona Andrássy ist noch in diesen Tagen nach Kanada gereist, wo sie sieben Jahre nach dem Tod seines Mannes, im Jahre 1967 gestorben ist.

Das wahrscheinlich allerletzte Foto von József Cziráky ist mehr als 60 Jahre später, in dem von der Otto-von-Habsburg-Stiftung aufarbeiteten Schriftgutnachlass aufgetaucht.

István Gergely Szűts